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Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit: Minister Giovannini bei Tagung in Bozen

Der selbe Geist, die selben Ziele und Zielgruppen: Arbeitsminister Enrico Giovannini wies heute (10. September) bei einer Tagung in Bozen auf erstaunliche Übereinstimmungen zwischen dem Arbeitspakt der Landesregierung und dem staatlichen Arbeitspaket hin. Trotzdem haben die Landesräte Roberto Bizzo und Sabina Kasslatter Mur mehr Spielräume vom Staat gefordert, um der Arbeitslosigkeit zu begegnen.

Landesrat Roberto Bizzo hat die Maßnahmenpakete des Arbeitspakts am Beginn der Tagung erläutert. Foto: DiKOM/ohn.

Arbeitsminister Giovannini stellte heute einen Vergleich an zwischen dem von der Landesregierung verabschiedeten Mehrjahresplan für Beschäftigung (besser bekannt als "Arbeitspakt") und dem von der römischen Regierung geschnürten Arbeitspaket. "Es gibt in beiden Maßnahmenpaketen deutliche Parallelen, sei es, was die Zielgruppen betrifft, sei es bei den wichtigsten Maßnahmen", so der Minister, der als Beispiele die Förderung von Berufspraktika, die Förderung von Menschen mit Behinderung oder die Erleichterung bei Neueinstellungen nannte.

Giovannini führte zudem aus, dass sich die Regierung durchaus bewusst sei, dass nachhaltige Arbeitsmarktpolitik mit dem Ankurbeln der Konjunktur zusammenhänge. Auch hier habe Rom bereits ähnliche Maßnahmen wie das Land ergriffen, etwa durch die Einführung von Bonussystemen bei baulichen Sanierungen, die dazu dienen sollen, das Baugewerbe anzukurbeln. Und auch in der Steuerpolitik arbeite man an einer Senkung des Drucks auf die Unternehmer ebenso, wie an einer Senkung der Schere zwischen Brutto- und Nettolöhnen. Den von der Landesregierung lancierten Generationenvertrag im öffentlichen Dienst (Altersteilzeit bei vollen Rentenbezügen zugunsten einer Neueinstellung) nannte Giovannini heute ein gutes Beispiel für kreative Lösungen, die ganz im Sinne der Regierung seien.

Bereits zuvor hatte Landesrat Bizzo den Mehrjahresplan für Beschäftigung vorgestellt. Dieser war krisenbedingt von der Landesregierung um ein Jahr vorgezogen worden, um der steigenden Arbeitslosigkeit Einhalt zu gebieten. Bizzo erläuterte heute zunächst die Basis, auf der der Arbeitspakt aufsetzt. So betonte der Landesrat, dass seit 2008 zwar rund 4000 Jobs in Südtirol geschaffen worden seien, wegen der immer größer werdenden Zahl der Arbeitswilligen (vor allem Frauen) die Arbeitslosigkeit aber trotzdem gestiegen sei. Bizzo unterstrich zudem, dass Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt kaum noch übereinstimmten: "Was nachgefragt wird, sind hoch qualifizierte, junge, mehrsprachige Arbeitskräfte", so der Landesrat. Gerade die mangelnde Mehrsprachigkeit sei aber eine der Grundursachen der Jugendarbeitslosigkeit.

Vor diesem Hintergrund habe man unter Einbeziehung von Bevölkerung und Sozialpartnern den Arbeitspakt auf den Weg gebracht, der ein klares Ziel kennt und die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels auflistet. "Unser Ziel ist, bis 2020 den Beschäftigungsgrad in Südtirol von derzeit 77 auf 80 Prozent zu schrauben", so Bizzo heute. Dies bedeute, dass jährlich ein Jobplus von 1,1 Prozent verzeichnet werden müsse. "Im Klartext: Bis 2020 müssen wir 21.000 neue Jobs in Südtirol schaffen; ein Ziel, das wir erreichen können", so der Landesrat.

Die im Arbeitspakt aufgelisteten dafür notwendigen Maßnahmen sind 44. Sie zielten vor allem auf junge Menschen, Über-55-Jährige, auf Frauen und Benachteiligte, so der Landesrat, der heute die 44 Arbeitspakt-Maßnahmen in fünf Kategorien gebündelt hat: die Anpassung von Aus- und Weiterbildung, die Schaffung von Jobs in innovativen, hochproduktiven und nachhaltigen Sektoren, die Ankurbelung der Wirtschaft (etwa durch Steuererleichterungen, Konjunkturpakete und durch die Entbürokratisierung), die gezielte Betreuung aller Arbeitslosen-Gruppen sowie den Ausbau und die Stärkung von Arbeitsservice und -vermittlung.

Landesrätin Sabina Kasslatter Mur nutzte die Anwesenheit des Ministers, um ihm zunächst ein Südtiroler Erfolgsmodell ans Herz zu legen: das duale Ausbildungssystem. "Die duale Ausbildung ist eine der Ursachen dafür, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Südtirol weit unter dem staatlichen Schnitt liegt", betonte die Landesrätin und fügte hinzu: "Und auf diese Entwicklung sind wir durchaus stolz." Trotzdem gebe es aber auch in diesem System Baustellen. So ginge es etwa darum, mehr Sensibilität für die Berufsausbildung zu wecken: "Wir müssen die Menschen davon überzeugen, dass das Lernen mit Kopf und Hand einen Wert hat, der nicht geringer ist, als jener des Lernens nur mit dem Kopf", so Kasslatter Mur heute.

Die Landesrätin wies zudem darauf hin, dass das duale System nur funktionieren könne, solange es genügend Lehrstellen gebe. "Die angespannte Situation am Arbeitsmarkt führt aber zwangsläufig dazu, dass weniger Lehrstellen angeboten werden", so Kasslatter Mur. Zur Krise komme noch ein zweiter limitierender Faktor: Lehrstellen würden nicht angeboten, weil die Auflagen in Sachen Arbeitssicherheit und Jugendschutz in Italien weit strenger seien als in den Nachbarländern. "Wir appellieren daher an den Minister, diese Auflagen zu lockern, sie den europäischen Standards anzupassen: wer jungen Menschen eine Chance in Form einer Lehrstelle geben will, sollte von zu strengen Auflagen befreit werden", so die Landesrätin.

Zudem forderte Kasslatter Mur heute mehr Freiraum bei der Gestaltung von Bildungsangeboten, nachdem das staatliche Korsett derzeit zu eng sei: "Wenn uns die Regierung entgegen kommt und uns den nötigen Spielraum einräumt, dann machen wir das schon: dann finden wir an einem Runden Tisch mit allen Beteiligten maßgeschneiderte Lösungen für die jungen Arbeitslosen", so die Landesrätin.

Fotos von der Tagung gibt's (auch in Hochauflösung) hier.

chr

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