Bildungsphilosophie im deutschsprachigen Kindergarten

Bildungsphilosophie im deutschsprachigen Kindergarten

Die Bildungsphilosophie des deutschsprachigen Kindergartens basiert auf den Rahmenrichtlinien für den Kindergarten in Südtirol.

Kinder lernen von Anfang an und begegnen der Welt als Forschende. Die Rahmenrichtlinien beruhen auf einer Bildungsphilosophie, die das kindliche Lernen als ganzheitlichen Prozess begreift. Fühlen, Erleben, Denken, Erfahren und Handeln gehören untrennbar zusammen. Kinder erschließen sich ihre Umwelt mit allen Sinnen, in Interaktion mit den pädagogischen Fachkräften, ihren Eltern, anderen Bezugspersonen und anderen Kindern. Jungen und Mädchen sind somit Mitgestalter ihrer Entwicklung und Co-konstruktive Mitbegründer ihrer Realität. Sie sind von Anfang an eingebettet in komplexe soziale Interaktionen.

Jedes Mädchen und jeder Junge hat ein Recht auf einen eigenen Entwicklungsweg, Lern- und Lebensrhythmus. Entscheidend für eine positive Entwicklung des Kindes ist die Bereitschaft der Erwachsenen, seiner natürlichen Lernfreude einen lernintensiven Rahmen für die individuelle, spielerische Auseinandersetzung mit der Welt zu bieten und sich gemeinsam mit ihm auf Entdeckungsreise zu begeben und gemeinsam Wissen und Sinn zu generieren. Kindliches Lernen ist auf die Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte und anderer Interaktionspartner angewiesen.

Bildung und Lernen sind in einer sich wandelnden Gesellschaft offene, lebenslange Prozesse.

Bild vom Kind

Jungen und Mädchen gestalten ihre Entwicklung und Bildung von Anfang an aktiv mit und übernehmen dabei entwicklungsangemessene Verantwortung. Jedes Kind bietet ein Spektrum einzigartiger Besonderheiten durch seine Anlagen, Stärken, Begabungen und Eigenaktivitäten.

Spielen und Lernen

Spielprozesse sind immer auch Lernprozesse. Das Kind erarbeitet sich im Zusammenwirken dieser beiden Prozesse sein Bild von der Welt, es tritt zu sich selbst und anderen aktiv in Beziehung und konstruiert mit ihnen Wissen und Sinn.

Ganzheitlichkeit

Das Bildungsverständnis ist ein ganzheitliches. Das Kind, seine Entwicklung, die gesamte Persönlichkeit, nicht einzelne Aspekte, stehen demnach im Mittelpunkt der frühen Bildung.

Entwicklungsangemessenheit

Bildungsprozesse, Lernumgebung, Materialangebot und die Organisation des Tagesablaufes werden pädagogisch begründet gestaltet. Sie müssen der emotionalen, sozialen, körperlichen und kognitiven Entwicklung des Kindes gerecht werden.

Der Umgang mit Vielfalt

Das Konzept der inklusiven Bildung erkennt in der Vielfalt menschlicher Ausdrucksformen einen besonderen Wert. Deshalb zielt dieser Ansatz darauf ab, alle Kinder – Kinder anderer Sprachen und Kulturen, Kinder mit Migrationshintergrund, Kinder mit Beeinträchtigungen, Kinder mit erhöhtem Entwicklungsrisiko und Kinder mit besonderen Begabungen – zu einer Lerngemeinschaft zusammenzuführen.

Das Prinzip der Differenzierung und Individualisierung von Bildungsprozessen

Jedes Kind hat andere Entwicklungspotentiale und Lernbedürfnisse, hat seine eigenen Lernwege und sein eigenes Lerntempo. Das Prinzip der Differenzierung und Individualisierung von Bildungsprozessen ermöglicht es, gezielt auf die individuellen Unterschiede der Kinder einzugehen, sich ihnen im Dialog zu öffnen und jedes Kind in besonderer Weise zu begleiten.

Co-Konstruktion

Co-Konstruktion als pädagogisches Prinzip verlangt, dass Lernen durch Zusammenarbeit stattfindet, dass Bildungsprozesse von pädagogischen Fachkräften und Kindern gemeinsam gestaltet werden. Der Schlüssel der Co-Konstruktion ist die Interaktion. In einer Lerngemeinschaft von Erwachsenen und anderen Kindern lernt das Kind, gemeinsam Probleme zu lösen und die Bedeutung von Dingen und Prozessen zu erforschen sowie mit den anderen zu diskutieren und zu verhandeln. Es lernt dabei vor allem, seine eigenen Ideen und sein Verständnis von der Welt zum Ausdruck zu bringen, sich mit anderen darüber auszutauschen und Bedeutungen gemeinsam auszuhandeln.

Partizipation

Bildung ist ein auf Dialog ausgerichtetes Geschehen, in dem sich Kinder und Erwachsene als Partner begegnen. Auch Familie und Kindergarten sind Partner in gemeinsamer Verantwortung, und zwar durch ihre wechselseitigen Beziehungen zum Kind. Partnerschaft bedeutet, sich auf gleicher Augenhöhe respektvoll zu begegnen und zusammenzuwirken, denn alle Beteiligten verfügen über besondere Stärken. Partnerschaft erfordert die angemessene Beteiligung an Entscheidungsprozessen in gemeinsamen Angelegenheiten auf der Grundlage demokratischer Prinzipien. Beteiligung richtet sich auf Mitwirkung, Mitgestaltung, Mitbestimmung und Aushandlung aus.