Archivale des Monats

Juni 2011: Ehemalige Nonnen aus dem aufgehobenen Kloster Maria Steinach in Algund

Ehemalige Nonnen aus dem aufgehobenen Kloster Maria Steinach in Algund

Im Zuge seiner bekannten kirchlichen Reformen ordnete Kaiser Joseph II. 1782 die Aufhebung zahlreicher Klöster an. Betroffen waren vor allem Häuser kontemplativer Orden, die keine sozialen oder karitativen Aufgaben wahrnahmen. In Nord- und Südtirol wurden zwischen 1782 und 1787 insgesamt einundzwanzig Männer- und Frauenklöster aufgelöst und ihr Besitz konfisziert. Diese Vermögensmasse floss zusammen mit der von rund siebenhundert in Österreich aufgehobenen Klöstern, Stiften, Kirchen, Benefizien und Bruderschaften in den neu gegründeten staatlichen Religionsfonds.
Der josephinischen Aufhebung fiel auch das 1241 von Gräfin Adelheid von Tirol gegründete Dominikanerinnenkloster Maria Steinach zum Opfer, das für Algund und das Umland über mehr als fünfhundert Jahre einen wichtigen geistlichen Bezugspunkt und einen nicht unbedeutenden wirtschaftlichen Faktor dargestellt hatte.
Das mit 18. März 1782 datierte Aufhebungsdekret der Hofkanzlei langte am 10. April in Meran ein, und bereits tags darauf begab sich eine Kommission nach Maria Steinach, um den Nonnen, die sich im Kapitelsaal versammelt hatten, die allerhöchste Entschließung mitzuteilen. Anschließend wurden die beweglichen und die unbeweglichen Güter aufgenommen. Am 12. September 1782 musste der Konvent das Kloster verlassen, die Gebäude wurden gesperrt. Die Mobilien, wie etwa 259 Werke aus der Klosterbibliothek, wurden vom Religionsfonds veräußert. Zu Ende des Jahrhunderts erwarb Johann Ladurner aus Plars die Liegenschaften und brachte im Klostergebäude bedürftige Leute unter. Die Klosterkirche selbst wurde 1797 zu einem Militärdepot umfunktioniert.
Zum Zeitpunkt der Aufhebung bestand der Konvent aus einer Priorin, sechsunddreißig Chorfrauen, elf Laienschwestern und vier Novizinnen. Sieben Nonnen wechselten ins Dominikanerinnenkloster nach Lienz. Der größte Teil der Ordensfrauen aber kehrte ins weltliche Leben zurück, die meisten wohl zu ihren Familien. Viele der ehemaligen Nonnen beschlossen ihren Lebensabend in Meran oder Algund, während von einigen nicht bekannt ist, wohin sie sich nach der Aufhebung wendeten. Dass sich einige von ihnen auch noch knapp zwei Jahrzehnte nach der Aufhebung in einer wirtschaftlich prekären Lage befanden, zeigt das hier vorgestellte Schreiben des Innsbrucker Guberniums an das Kreisamt zu Bozen von 1801.
Als das Klostergebäude 1846 zum Kauf angeboten wurde, nahm das Dominikanerinnenkloster in Lienz die Gelegenheit wahr und erwarb die Baulichkeiten, die sich in einem desolaten Zustand befanden. Bereits 1848 übersiedelten sechs Nonnen in das wiederbegründete Kloster Maria Steinach und erweckten es zu neuem Leben.

Evi Pechlaner

GS