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Borkenkäfer trotz massiver Bekämpfung auf dem Vormarsch

5000 Hektar der Wälder in Südtirol sind vom Borkenkäfer befallen. Trotz massiver Bemühungen gelingt es nicht, ihn zu stoppen. Ein- und Ausblicke von Experten gab es heute bei einer Pressekonferenz.

Südtirols Wälder sind vom Borkenkäfer befallen. Forstbehörde und Waldbesitzer bemühen sich mit verschiedensten Maßnahmen um die Bewältigung des Problems. Dennoch wird es noch weitere Jahre bestehen. Dies wurde heute (10. Oktober) bei einer Pressekonferenz in Bozen klar. Ziel sei es derzeit, in Zusammenarbeit mit der Forstbehörde weiterhin zielgerichtete Maßnahmen voranzubringen und gleichzeitig ein Verständnis des Problems bei der Bevölkerung zu schaffen.

"Aktuell sind etwa 5000 Hektar betroffen", erklärte Günther Unterthiner, Direktor der Abteilung Forstwirtschaft: "Die Eurac stellt Satellitenbilder zur Verfügung, welche die Mitarbeiter der Abteilung Forstwirtschaft als Berechnungsgrundlage nutzen". 

Nach Sturmschäden und Schneedruck: Gute Angriffsfläche für Schädling

Südtirol hat eine Fläche von 740.000 Hektar, etwa 350.000 Hektar davon sind Wald, es gibt etwa 20.000 Waldbesitzer. Was in Mitteleuropa bereits seit Jahren zu sehen ist, prägt seit einigen Monaten das Landschaftsbild Südtirols: Die Schäden durch Borkenkäfer. "Borkenkäfer befallen vor allem Fichten, häufig bereits geschwächte Bäume", erklärte der Abteilungsdirektor. "Der Borkenkäfer ernährt sich von den Assimilaten der Photosynthese. Durch seine Präsenz wird der Fluss dieser Assimilate in Richtung Wurzeln und in der Folge dann in Richtung Krone unterbrochen, was zum Absterben des Baums führt", erläutert der Forstexperte. Dem Borkenkäfer wurde infolge des Sturms "Vaia" und der Schäden durch Schneedruck in zwei aufeinanderfolgenden Wintern eine gute Angriffsfläche in den Wäldern geboten. Von Generation zu Generation kann sich die Population verzehnfachen - in der laufenden Saison sind in einigen Gebieten bis zu drei Generationen ausgeflogen. 

"Wir haben uns bemüht, alles Schadholz aus den Wäldern zu entfernen, aber wir haben es nicht geschafft - es war zu viel", sagte Wald- und Sägewerkbesitzer Peter Prader bei der Pressekonferenz. Er berichtete von seinem Einsatz gegen die Borkenkäfer und auch von den Schäden am Nutzholz, die erhebliche Einsatzeinbußen für ihn bedeuten. 

Unterstützungsmaßnahmen des Landes Südtirol

Forstbehörde und Waldbesitzer kämpfen gemeinsam gegen den Schädling, die Politik gibt finanzielle Unterstützung.  "Nach dem Sturmereignis Vaia haben wir zunächst für 2629 Gesuche 21,4 Millionen Euro an Beiträgen an die betroffenen Waldbesitzer ausgezahlt, weitere zehn Millionen hingegen für die Schadholzbringung. Mit einer kürzlich beschlossenen Maßnahme der Landesregierung wurden außerdem Beiträge für Fangbäume und die Entrindung zur direkten Bekämpfung des Borkenkäfers genehmigt“, berichtete Land- und Forstwirtschaftslandesrat Arnold Schuler.

Wissenschaft zeigt: Phänomen bricht früher oder später zusammen 

Dennoch scheint es ein Kampf gegen Windmühlen zu sein, das Phänomen könne vom Menschen höchstens eingegrenzt werden, aber nicht ausgerottet. "Die Natur muss uns helfen. Wissenschaftlich ist erforscht, dass das Phänomen irgendwann nach einigen Jahren zusammenbricht, aber man weiß nicht, warum. Wüssten wir das, könnten wir effizienter vorgehen", sagte Unterthiner. Es gibt auch eine Studie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien, an der auch der Südtiroler Universitätsprofessor Hannes Schuler mitarbeitet. Sie untersucht die Diapause unter anderem der Borkenkäfer. "Insekten können in die Diapause eintreten, indem sie ihren Metabolismus herunterfahren und für längere Zeit - auch Jahre - unter der Erde leben. So garantieren sie den Fortbestand ihrer Art", sagt Unterthiner.  In anderen Ländern werden Pflanzenschutzmittel für Holzlager im Wald ausgebracht. Das ist in Italien nicht zugelassen. 

"Wir müssen uns bewusst sein, dass der Borkenkäferbefall kein Problem der Forstwirtschaft oder nur ein finanzielles Problem der Waldbesitzer ist, sondern der gesamten Bevölkerung", sagt  Schuler. Der Wald habe Schutzfunktionen. "Einerseits sichern die Wälder die Hänge, sodass Straßen, Gebäude und andere Infrastrukturen vor Naturgefahren geschützt sind", erklärt der Landesrat. Zudem habe der Wald für viele eine Bedeutung als Erholungsgebiet: Blößeflächen können das nicht in dem Ausmaß sichern. Auch in der Trinkwasserversorgung spiele der Wald eine große Rolle: "Auf Blößeflächen fließt das Wasser oberflächlich ab und gelangt gar nicht ins Grundwasser, während es im Wald versickert und als Trinkwasser zur Verfügung steht", erklärt Unterthiner. Es sei Anliegen der Forstbehörde und der Politik, dem Erhalt des Schutzwaldes die Priorität zu geben. Natürlich würden auch die Waldbesitzer nicht mit ihren Einbußen allein gelassen, versicherte der Landesrat.  


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LPA/uli/np