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Ungarn/Südtirol: Minderheitenschutz durch Autonomie

Eine ungarische Delegation hat Landeshauptmann Arno Kompatscher einen Besuch abgestattet, um ihm die Charta der Territorialautonomie von 1224 zu übergeben.

Die ungarische Delegation angeführt von Ministerialrat Ferenc Kalmár (6.v.l.) und Generalkonsul in Mailand Jenö Csiszár (6.v.l.) mit LH Kompatscher. Foto: LPA/ck

Südtirol dient weltweit als Beispiel für gelungenen Minderheitenschutz und die Autonomie als Lösungsmodell zur Überwindung ethnischer Konflikte. Nun stattete eine ungarische Delegation Landeshauptmann Arno Kompatscher einen Besuch ab, um dem Land Südtirol in Anerkennung des wichtigen Beispiels eine Originalabschrift des "Andreanum", der Charta der Territorialautonomie von 1224 in Ungarn, offiziell zu übergeben. Nachdem eine erste Kopie beim Europarat hinterlegt worden war, wollte das ungarische Außenministerium ein klares Zeichen setzen und dem Land Südtirol, anerkanntes Vorbild in der Minderheitenfrage, die zweite Originalabschrift des "Andreanum" übergeben.

In der Urkunde wurden vom ungarischen König Andreas II. die kollektiven Rechte der sogenannten Sachsen niedergelegt. Die Sachsen hatten sich aus dem Rhein-Mosel-Gebiet kommend im Laufe des 12. Jahrhunderts in Siebenbürgen angesiedelt. Die Urkunde kann laut Joseph von Komlóssy, dem langjährigen Vizepräsidenten der FUEN, als das authentische Dokument der ersten Territorialautonomie in Europa angesehen werden. Die nach ihrem Urheber Andreas als "Andreanum" bezeichnete Urkunde wurde im Laufe der Jahrhunderte von den Herrschern immer wieder bestätigt und behielt ihre Gültigkeit bis 1853 bei. Die mit dieser Urkunde zugestandene Territorialautonomie garantierte der Volksgruppe der Sachsen in Siebenbürgen nicht nur Rechtsschutz, sondern auch die Weiterentwicklung ihrer sprachlich-kulturellen Identität und Religionsfreiheit. Das "Andreanum" hat über einen Zeitraum von 600 Jahren die Identität der Sachsen in einem vielschichtigen sozialen Kontext, nämlich im multinationalen, mehrsprachigen und multikulturellen, multikonfessionellen Siebenbürgen gesichert.

An dem Austausch in Bozen nahmen von ungarischer Seite Ministerialrat Ferenc Kalmár, zuständig im ungarischen Außenministerium für Minderheiten und Beziehung zu den Nachbarländern, der ungarische Generalkonsul in Mailand Jenö Csiszár, Konsulin Orsolya Katalin Szabò, Siegfried Brugger als ungarischer Honorarkonsul für Südtirol-Trentino, der langjährige Vizepräsident der FUEN, Joseph von Komlóssy, sowie die Präsidentin des Vereins Ungarn in Südtirol, Melinda Kindl, teil. Begleitet wurde die Delegation vom Südtiroler Europa-Parlamentarier Herbert Dorfmann sowie von Christoph Pan vom Südtiroler Volksgruppen-Institut, das internationale Volksgruppenforschung mit starkem Südtirolbezug betreibt.

Landeshauptmann Kompatscher unterstrich in dem Gespräch die Bedeutung der Minderheiten in Europa und mahnte an, sich noch stärker zu vernetzen. "Sprachliche und kulturelle Vielfalt können eine Stärke sein", betonte Kompatscher. "Gerade weil Minderheiten vielfach in Grenzgebieten leben, spielen Minderheiten eine wichtige Rolle im Zusammenwachsen Europas und tragen dazu bei, Grenzen abzubauen bzw. zu überwinden", sagte der Landeshauptmann.

LPA

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