CARBOEUROFLUX-Programme

Die Versuchsfläche Grünwald am Rittner Horn (IT01), welche gemeinsam mit der Landesagentur für Umweltschutz – Labor für physikalische Chemie betreut wird, ist zugleich Bestandteil des CARBOEUROFLUX-Programmes (5. Rahmenprogramm der EU - Energy and Sustainable Development) und des weltweiten FLUXNET-Meßnetzes (Integrating Worldwide CO2 -Flux Measurements) sowie des I.G.B.P. (International Geosphere and Biosphere Programme).

All diese Programme unterstützen, ausgehend von den Resolutionen des Weltgipfels in Buenos Aires (1998), die Bestrebungen der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft, die Abläufe in der Biosphäre (gesamter irdischer Lebensraum der Menschen, Tiere und Pflanzen) zu ergründen und der steigenden Kohlendioxydkonzentration in der Atmosphäre entgegenzuwirken. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf die CO2-Aufnahmefähigkeit der Waldökosysteme gelegt.

Zugleich sollen wissenschaftlich belegte Grunddaten für sozio-ökonomische Entscheidungen im Sinne des Kyotoprotokolls (1997) geliefert werden:
weltweite Reduzierung bis zum Jahr 2012 der CO2- Emissionen um 5,2%, bezogen auf den Ausstoß im Jahr 1990 Usowie Einschränkungen bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe.

Kyoto hat also einen historischen Wendepunkt für die Annäherung zu Umweltproblematiken dargestellt. Es wurden erstmalig zwei Grundsätze festgelegt:

  1. Unserem Wirtschaftsmodell werden Grenzen gesetzt.
  2. Das Verursacherprinzip wird bestätigt (Wer die Umwelt belastet, der hat das zu verantworten).

Die Europäische Union hat sich sogar in Ausführung des Kyotoprotokolls verpflichtet, die Emissionen bis 2012 um 8% herabzusetzen sowie die Durchführung eingehender Forschungprojekte vorzunehmen.

Die vom CIPE (Comitato Interministeriale per la Programmazione Economica) beschlossenen Richtlinien, gemäß EU-Entscheidung des Rates der Umweltminister vom 17 Juni 1998, übernehmen diese Verpflichtungen, wodurch Italien durch die Verwirklichung von 6 nationalen Maßnahmen eine Verminderung des CO2-Ausstoßes um 6,5% bis 2008-2012 zu erreichen hat. Eine dieser Maßnahmen betrifft die CO2-Aufnahme von Seiten der Waldökosysteme.

Weiters sieht die Entscheidung des Rates der Europäischen Union vom 26. April 1999 im Art. 3, Abs. 2 vor, dass "die Mitgliedsstaaten der Kommission alljahrlich spätestens bis zum 31. Dezember die Angaben des Vorjahres über die anthropogenen CO2- Emissionen und deren Abbau durch Senken mitteilen".

Jede Nation sollte von der erzeugten Kohlendioxydmenge (durch Verbrennung fossiler Brennstoffe: z. B. KFZ-Verkehr und Heizung) die in der Vegetation gespeicherte Menge abziehen können.

Dadurch würde die ökologische Bedeutung des Waldes eine Anerkennung auch aus wirtschaftlicher Sicht erfahren. Der Wald verfügt nämlich über die höchste Speichereffizienz des Kohlenstoffes aller terrestrischen Ökosysteme.

Die in Grünwald eingerichtete Messanlage (Abb. 10) ermöglicht also mittels der Technik der Turbolenzkorrelation (eddy covariance oder eddy correlation) den "Atem des Waldes", d.h. den Gasaustausch von Kohlendioxyd und Wasserdampf zwischen Atmosphäre und Waldökosystem, zu ermitteln.

CO2-Messanlage am Rittner Horn – Grünwald

CO2-Messanlage am Rittner Horn – Grünwald
(Konz. S.M.A. nr. 12-214, 07.07.1997)

Im Jahr 1999 konnte somit aufgrund der umfassenden Untersuchungen erstmals eine Bilanz für den hiesigen Fichtenbestand gezogen werden:

  • die Bruttoprimärproduktion des Waldökosystem betrug 860g Kohlenstoff pro m2 und Jahr;
  • die Gesamtatmung (Respiration) betrug 505 g C / m2 y1.
  • Aus der Differenz ergibt sich ein positiver Saldo von 355 ± 75g C / m2 y1.

Daraus kann gefolgert werden, dass durch Photosynthese und Assimilation im Jahr 1999 3,55 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar als Biomassen im Boden und im Bestand (Holz!) gespeichert und der Athmosphäre entzogen wurden.

Der Standort Grünwald ist demnach ein sogenannter „CO2- speichernder Wald" (sink-forest).

Nimmt man diesen Wert als Minimalleistung für ein Hektar Wald in Südtirol an, so würde sich, bezogen auf die gesamte Waldfläche (311.000 ha), ein Wert von über eine Million Tonnen Kohlenstoff als Ausgleich zu den hausgemachten CO2- Emissionen ergeben.

Es sei hier angemerkt, dass es sich bei obiger Rechnung um eine erste spekulative Annäherung handelt, welche einer Überprüfung und Bestätigung bedarf. In den nächsten Jahren gilt es, diesen Wert, im Sinne der EU Entscheidung vom 26. April 1999, durch die Ergänzung mit landesweiten Inventur- und Messparametern zu präzisieren.

Die nach dem Kyotoprotokoll gesetzten Einschränkungsmaßnahmen zu Lasten der globalen Wirtschaft haben das Interesse für eine neue Art von Ware geweckt: Auf der Börse von London und Chicago werden Anteile an Waldbeständen, welche nach den Kyoto-Richtlinien bewirtschaftet werden (sink-forests), bis auf 30-40 US$ pro gespeicherte Tonne Kohlenstoff quotiert.

In Grünwald wies die Vegetationsperiode eine Dauer von neun Monaten auf wie im Vorjahr von März bis Mitte November. Die photosynthetische Tätigkeit erfolgt sobald das gesamte Leitbündelsystem, von den Wurzeln bis zu den Blattorganen, eine Temperatur über 0°C aufweist.