Öffentliches Wassergut

Wasser spielt in der und für die Gesellschaft eine ganz besondere Rolle. Damit dieses wertvolle Gut der gesamten Bevölkerung gleichermaßen zugutekommen (und zudem effizient geschützt werden) kann, gelten nach dem italienischen Zivilgesetzbuch alle Wasserläufe als öffentliches Gut. Zum öffentlichen Wassergut gehören also Flüsse, Bäche, Seen, aber auch Gletscher und alle zu den Wasserläufen gehörenden Zubehörflächen.

War die Verwaltung des öffentlichen Wassergutes ursprünglich – also unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg – noch Aufgabe des Staates, wurde sie nach der Schaffung der Regionen diesen übertragen. In Südtirol hat im Gefolge des Zweiten Autonomiestatuts das Land 1973 das Eigentum am öffentlichen Wassergut übernommen und damit auch die Aufgaben, dieses Gut zu verwalten, seine Nutzung zu regeln, diese zu kontrollieren und die öffentlichen Gewässer rundum zu schützen.

Dabei ist das öffentliche Wassergut nicht etwa auf dem Stand von 1973 eingefroren. Vielmehr verändert es sich im Laufe der Zeit. Derzeit umfasst es in Südtirol rund 5500 Hektar. Diese Flächen zu schützen, heißt übrigens nicht, sie brach liegen zu lassen. Vielmehr kann es durchaus sinnvoll sein, Parzellen des öffentlichen Wassergutes, also etwa Ufergrundstücke, von Privaten bewirtschaften zu lassen. Dies geschieht auf der Grundlage einer zeitlich befristeten Konzession, die auch sicherstellt, dass die Pflanzen, die die Uferböschungen stabilisieren, durch die Bewirtschaftung nicht beeinträchtigt werden.

Die Nutzung von Uferstreifen und anderen Flächen des öffentlichen Wassergutes ist demnach immer an strenge Auflagen gebunden. Im Rahmen der wasserpolizeilichen Aufgaben wird die Einhaltung der Auflagen ebenso regelmäßig kontrolliert wie die Unversehrtheit der Ufer. Wird also etwa ohne entsprechende Erlaubnis auf diesen Flächen gebaut (auch wenn es nur rudimentäre Hütten sind), werden die Urheber zur Verantwortung gezogen. Die Bautätigkeit wird übrigens auch auf Flächen kontrolliert, die nicht zum öffentlichen Wassergut gehören, aber unmittelbar an dieses angrenzen. Entsprechende Untersuchungen und obligatorische Gutachten stellen sicher, dass das öffentliche Wassergut nicht Schaden leidet.

Weil das Land für die Verwaltung des öffentlichen Wassergutes verantwortlich ist, ist es notwendig einen genauen Überblick über all die Gewässer und Zubehörflächen zu haben. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass sich das öffentliche Wassergut anders als vielleicht andere Immobilien stetig ändert. Gründe dafür können Naturereignisse genauso sein wie Arbeiten, die auf den Parzellen durchgeführt werden.

Das öffentliche Wassergut ist demnach heute nicht mehr dasselbe wie jenes, das 1973 vom Land übernommen worden ist. Vielmehr ist das öffentliche Wassergut kein statisches Gut. So kann das Land – falls es für den Schutz der Gewässer und/oder der Bevölkerung notwendig ist – dem öffentlichen Wassergut auch neue Flächen einverleiben, selbstverständlich nach einer angemessenen Entschädigung des bisherigen Eigentümers.

Sollten Flächen ihren Zweck im Zusammenhang mit den Gewässern dagegen nicht mehr erfüllen, können sie aus dem öffentlichen Wassergut genommen werden. Diese so genannte Ausgliederung aus dem öffentlichen Gut folgt einem im Landesgesetz vom 12. Juli 1975, Nr. 35 (Externer Link) festgelegten Verfahren. Im Zuge dessen muss zunächst festgestellt werden, dass ein bestimmtes Grundstück in hydraulischer Hinsicht nicht mehr von Nutzen und mit Blick auf Natur- und Landschaftsschutz nicht mehr von Bedeutung ist. Erst dann kann die Südtiroler Landesregierung beschließen, eine solche Fläche aus dem öffentlichen Wassergut auszugliedern und eventuell auch verkaufen.

Seit 1973 sind demnach etliche Grund- und Bauparzellen neu in das öffentliche Wassergut aufgenommen, andere aus dem Wassergut ausgeschieden worden. Derzeit umfasst es in Südtirol rund 7700 Grund- und Bauparzellen mit einer Gesamtfläche von etwa 5500 Hektar. Mit umfassenden Katastererhebungen und Grenzfeststellungen hält man den Wasserkataster aktuell. Zudem müssen auf privaten Parzellen Dienstbarkeiten eingetragen werden, wann immer dies zum Schutz der öffentlichen Gewässer notwendig ist. Und schließlich gilt es, einen Überblick über die private Nutzung der Uferstreifen zu behalten, die per Konzession möglich ist. Besonders begehrt sind dabei Konzessionen, die die Entnahme von Sand und Schotter aus Bach- und Flussbetten erlauben. Diese werden allerdings nur abgeschlossen, wenn die Materialentnahme dem Wasserhaushalt nicht schadet und mit dem Wasser- und Landschaftsschutz vereinbar ist.

Der Schutz der Gewässer ist nicht nur eine gesellschaftlich essentielle, sondern auch eine umfassende Notwendigkeit, zu der auch eine ganze Reihe von wasserpolizeilichen Aufgaben gehört. Sie stellen sicher, dass jeglicher Missbrauch von Flächen im öffentlichen Wassergut verhindert wird, damit Seen, Bäche und Flüsse samt den dazu gehörenden Uferstreifen keinen Schaden leiden. Zudem muss dafür gesorgt werden, dass gerade die Uferböschungen in einem Zustand verbleiben (oder besser: gehalten werden), der sich bei Hochwasser nicht zu einer Gefahr auswächst. Damit verbunden ist etwa das Verbot, entlang der Uferstreifen Holz zu schlägern oder in den Bannstreifen Material abzulagern.

Die Einhaltung aller Vorgaben und Auflagen muss selbstverständlich kontrolliert werden, damit der Schutz der Gewässer effizient erfolgen kann. Diese Kontrolle ist ein wichtiger Teil der wasserpolizeilichen Aufgaben. Zu ihnen gehören zudem

  • die Feststellung eventueller Übertretungen,
  • das Vornehmen der entsprechenden Vorhaltung und
  • das Verhängen der für Übertretungen vorgesehenen Strafe.

Um nicht Gefahr zu laufen, eine entsprechende Übertretung zu begehen, sollte man wissen, was auf den Flächen des öffentlichen Wassergutes (und den dazu gehörenden, im Normalfall 10 Meter breiten Bannstreifen) erlaubt und was verboten ist. Verboten ist demnach

  • Material (also etwa Sand oder Schotter) zu entnehmen,
  • Bau- oder Aushubarbeiten durchzuführen,
  • Material zu lagern,
  • Flächen des öffentlichen Wassergutes zu besetzen,
  • sie mit Brücken, Strom-, Telefon- oder anderen Leitungen oder auch Skipisten zu überqueren,
  • Ufergehölze zu schlägern oder zu beschädigen,
  • Ufer und Dämme zu befahren,
  • die Flächen zu beweiden,
  • Grenzzeichen oder -steine zu versetzen oder zu entfernen oder
  • grundsätzlich etwas zu unternehmen, was zu einer Ausuferung, Überschwemmung oder Beeinträchtigung eines Wasserbauwerkes führen könnte.

Die Verbote gelten selbstverständlich nur, solange keine entsprechende Ermächtigung von Seiten der zuständigen Stelle vorliegt.

In den letzten Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dassein effizienter Schutz vor den Gefahren eines Hochwassers oder einer Überschwemmung mit dem Schutz von Bächen und Flüssen selbst einhergeht. Geht es um die Pflege der Südtiroler Gewässer und von deren Ufern, sind also immerzwei Aspekte zu berücksichtigen: Hochwasserschutz undÖkologie. Schließlich sind die rund 9600 Kilometer an Fließgewässern in Südtirol ökologische Inseln, sie vernetzen Lebensräume und haben einen hohen Freizeit- und Erholungswert.

Um die Gewässer als natürliche und naturnahe Lebensräume zu erhalten, wird auf einestrukturierte, vielfältige Ufervegetation gesetzt. Vor allem Bäumen und Sträuchern kommen dabei vielfältige Aufgaben zu. Sie

  • bilden einen Pufferstreifen und schützen die Gewässer vor Einträgen von Schadstoffen;
  • beschatten das Gewässer und regulieren so die Wassertemperatur;
  • sorgen für Laubeintrag und damit für Nahrung für viele Kleinstlebewesen;
  • verhindern vor allem bei kleinen Gewässern Verkrautung und Verlandung;
  • stabilisieren den Uferbereich.

Damit diese Vielzahl an Aufgaben erfüllt werden, zugleich aber auch der Hochwasserschutz effizient gewährleistet werden kann, sindGewässer-, sprich: Uferpflegemaßnahmen unerlässlich. Diese können – mit Blick auf den Hochwasserschutz –auch aus einem Kahlschlag der Uferhölzer bestehen.Allzu dichter Bewuchs verringert nämlich den Wasserdurchfluss, was bei Hochwasser katastrophal sein kann. Darüber hinauskönnen Uferbäume von einem Hochwasser entwurzelt werden, was wiederum die Gefahr so genannterVerklausungen erhöht. Schwemmholz bleibt dabei an Brücken oder Pfeilern hängen und bildet so – mitten im Fluss – einen Damm. Kahlschläge sind deshalb vor allem an Brücken und begradigten Engstellen in der Nähe von Siedlungen, Gewerbegebieten oder Straßen notwendig.

Wo die Hochwassergefahr geringer ist, müssen dichte Baumbestände nicht abgeholzt, aber ausgedünnt werden. Meist werden dabei schnell wachsende Baumarten (etwa Pappeln oder Robinien) gefällt, während langsamer wachsende, heimische Bäume in Gruppen stehen gelassen werden. So erhält man eine lichte, strukturierte, geschichtete Ufervegetation, die wertvolle Lebensräume für etliche Pflanzen und Tiere bildet.

Auch das Astwerk großer, landschaftlich wertvoller Bäume wird im Rahmen der Uferpflege ausgedünnt, um sie stabiler zu halten.Damit das Ufergehölz elastisch bleibt und damit bei Hochwasser keine Gefahr bildet, kann es auch zurückgeschnitten werden. Selbiges gilt für Sträucher und Hecken, vor allem dort, wo Straßen, Rad- oder Spazierwege verlaufen.

Wo Flüsse und Bäche langsam fließen und ein enges Bachbett aufweisen (etwa die Etsch im Unterland), gibt es für dichten Baumbestand keinen Platz. Hier setzt man bei der Uferpflege darauf,Schilfröhricht und niederes Weidengebüsch zu etablieren, die einerseits wichtige Lebensräume bilden, andererseits einVersanden der Uferbereiche verhindern. Gerade letzteres ist ein Problem, dem immer wieder mit dem Bagger zu Leibe gerückt werden muss, um ein problemloses Abfließen auch großer Wassermengen zu ermöglichen. Um die Natur so wenig wie möglich zu stören, werden solche Arbeiten im Winter, sehr behutsam und nur abschnittsweise durchgeführt.

Alle Arbeiten zur Uferpflege werden von Experten geplant und von den zuständigen Stellen durchgeführt.Private Holzschlägerungen sind im Uferbereich und auf den Bannstreifen verboten, es sei denn, es liegt eine entsprechende Ermächtigung vor. Dafür muss der Schätzpreis des geschlägerten Holzes bezahlt werden. Das bei den Pflegearbeiten der Wildbachverbauung anfallende Holz wird übrigens zum Großteil gehäckselt und zum Heizen verwendet, ein kleinerer Teil kommt auch als Bauholz auf den betriebseigenen Baustellen zum Einsatz.