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"Wenn ein Hang zweimal rutscht": Erforschung historischer Naturereignisse

Über 56 Laufmeter Akten zu 700 Naturkatastrophen in fast 500 Jahren sind in einem vierjährigen Projekt erforscht worden, Zivilschutzlandesrat Arnold Schuler hat am 17. Oktober) gemeinsam mit den Abteilungsdirektoren des Zivilschutzes und der Wasserschutzbauten die Ergebnisse vorgestellt.

Projektergebnisse "Historische Recherche von Naturereignissen" vorgestellt (v.li.): Abteilungsdirektor Rudolf Pollinger, Landesrat Arnold Schuler, Abteilungsdirektor Staffler, "Schlern"-Schriftleiterin Beate Gatterer.

"Für ein besseres Verständnis von Naturereignissen sind historische Erkenntnisse wichtig und wertvoll": Dies unterstrichen bei der heutigen Vorstellung Zivilschutzlandesrat Arnold Schuler wie auch Zivilschutz-Abteilungsdirektor Hanspeter Staffler und Wasserschutzbauten-Abteilungsdirektor Rudolf Pollinger.

Ein Murgang im Tinnebach bei Klausen im Jahr 1540: Das ist die am weitesten zurückliegende Naturkatastrophe, die im Rahmen der historischen Recherche von Naturereignissen nun in gedruckter Form allgemein zugänglich vorliegt. Als "Schreckensjahr" sticht in diesem analysierten halben Jahrtausend das Jahr 1821 mit knapp 100 Ereignissen heraus. Mit 16 Lawinentoten hält der Winter 1835/36 den Negativrekord. Die Wassergefahren mit Überschwemmungen und Murgängen bilden mit 82 Prozent den größten Anteil der Naturkatastrophen dieser Jahrhunderte, zehn Prozent der Ereignisse betreffen Lawinen und acht Prozent Massenbewegungen.

Dezember 2012: Im Gemeindegebiet von Abtei setzt sich am Fuße des Heiligkreuzkofels ein Hang mit einer Gesamtfläche von 42 Hektar in Bewegung und zerstört vier Wohnhäuser. In nahezu identischer Lage hatte sich bereits 191 Jahre vorher eine Rutschung ereignet. "Eine Reaktivierung solcher 'schlummernder' Hänge, die sich beim Zusammentreffen bestimmter Bedingungen erneut mobilisieren, konnte noch nie so deutlich beobachtet und dokumentiert werden", schreibt Landesgeologe Volkmar Mair in seinem Beitrag.

Archivbestände in Staats-, Landes- und Gerichtsarchiven wurden in dem vierjährigen Projekt auf Hinweise zu außerordentlichen Naturereignissen gesichtet; an die 700 Berichte über Muren, Überschwemmungen, Massenbewegungen und Lawinen wurden in Zusammenarbeit zwischen Natur- und Geisteswissenschaftlern, Freiberuflern und Mitarbeitern der Landesverwaltung ausgewertet und für die weiterführende Gefahrenzonenplanung zur Verfügung gestellt. Auf 137 Seiten liegen - mit zahlreichen Illustrationen - nun Beiträge aus verschiedenen Blickwinkeln vor: von der Darlegung der methodischen Vorgehensweise über auf Naturereignisse zurückgehende Flur- und Familiennamen bis zur Fernerkundungsmethodik für Naturgefahren.

Träger des 2010 begonnenen und nun abgeschlossenen Projektes "Historische Recherche zur Verbesserung der Extremwertstatistik hydrogeologischer Naturereignisse" sind die Landesabteilungen Brand- und Zivilschutz sowie Wasserschutzbauten; Projektpartner ist neben dem Landesamt für Geologie und Baustoffprüfung die Europäische Akademie Eurac. Als Koordinatoren fungierten Hanspeter Staffler, Rudolf Pollinger und Willigis Gallmetzer; in der Projektsteuerung waren Susanne Rizzolli, Martina Inderst und Pierpaolo Macconi tätig; Bearbeiter waren Matthias Röhrs, Simon P. Terzer, Martin Eschgfäller und Johannes Ortner. Die Finanzierung des Projektbetrages von 254.000 Euro erfolgte über Fördermittel des Nucleo di valutazione e verifica degli investimenti pubblici NUVV.

Die Ergebnisse des Projektes sind nachzulesen in der Oktober-Ausgabe der Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde "Der Schlern" mit dem Titel "Naturkatastrophen aus der Geschichte".

LPA

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