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Studie über Beschäftigungssituation der Frauen in Südtirols Großbetrieben

Heute (5. November) wurde bei einer Pressekonferenz der Bericht zur Beschäftigungssituation von Frauen und Männern in Südtiroler Betrieben der Privatwirtschaft mit mehr als 100 Beschäftigten vorgestellt. Die Studie wurde im Auftrag der Gleichstellungsrätin des Landes vom Arbeitsförderungsinstitut (AFI) durchgeführt.

(v.l.n.r.) Silvia Vogliotti, Landsrätin Martha Stocker, Gleichstellungsrätin Michela Morandini und AFI-Präsident Toni Serafini

Mit dem heute vorgestellten Bericht wird den Anforderungen des Kodex für Chancengleichheit aus dem Jahre 2006, geregelt durch das Gesetzesvertretende Dekret Nr. 198, Artikel 46, Rechnung getragen. Er verfolgt den Zweck, die Beschäftigungssituation von Frauen und Männern in Mittel- und Großbetrieben zu überwachen und folglich Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männer am Arbeitsplatz umzusetzen. Die Daten wurden der Gleichstellungsrätin in digitaler Form zugesandt, der aktuelle Bericht basiert auf Daten aus den Jahren 2012 und 2013. Von den insgesamt 128 befragten Unternehmen beschäftigen 66 weniger als 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (51,6 %), 20 Unternehmen zwischen 150 und 199 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (15,6 %) und 42 Unternehmen beschäftigen mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (32,8 %).

Die Daten zeigen unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung von Frauen und Männer am Arbeitsplatz ein klares Bild: Frauen sind den Männern nicht gleichgestellt, und dies spiegelt sich in wesentlichen Bereichen wieder.

"Trotz Verankerung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Verfassung, in regionalen und Landesgesetzen beweisen die Ergebnisse der Untersuchung, dass wir noch weit davon entfernt sind", erklärte in diesem Zusammenhang die Landesrätin für Gesundheit, Sport, Soziales und Arbeit, Martha Stocker, "und die Realität liegt weit hinter den Erwartungen zurück. Auf Landesebene ist viel unternommen worden, um auf die immer noch bestehende Ungleichstellung zwischen den Geschlechtern aufmerksam zu machen. Hier eine echte Verbesserung der Situation herbeizuführen, ist ein Prozess, der noch lange Zeit in Anspruch nehmen wird und nur durch gezielte Maßnahmen in Gang gehalten wird."

So stellen Frauen in Führungspositionen einen Anteil von nicht mal 9 %, auf der mittleren Führungsebene liegt der weibliche Anteil bei ca. 20 %. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Gläserne Decke es Frauen erschwert, in Führungs- und somit in Entscheidungspositionen zu gelangen, da offensichtlich männliche Mitarbeiter bevorzugt werden.

Eine Überraschung birgt der Bericht jedoch: Frauen in Führungspositionen finden sich auch in männertypischen Wirtschaftszweigen und nicht, wie man annehmen möchte, nur in frauentypischen Sektoren, also jenen mit einem hohen Frauenanteil. Das lässt den Schluss zu, dass die berufliche Weiterentwicklung von Frauen nicht vom Anteil an weiblichen Mitarbeiterinnen abhängt, sondern von der Führungs- und Unternehmenskultur und von klaren unternehmerischen Entscheidungen im Bereich der Personalentwicklung.

Der Anteil an beschäftigten Frauen bleibt weiterhin hoch, allerdings arbeitet die überwiegende Anzahl der Frauen in Teilzeit oder mit prekären Arbeitsverhältnissen, wobei 8,4 % der Männer gegen 17,3 % der Frauen mit einem befristeten Arbeitsvertrag arbeiten.

"In Südtirol zeigt sich eine klare Tendenz: Bei Frauen werden weniger befristete Arbeitsverhältnisse in unbefristete umgewandelt, während für Männer die Wahrscheinlichkeit von einem prekären Arbeitsverhältnis zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu gelangen, höher ist", so Silvia Vogliotti, Mitarbeiter des AFI, welche die gesamte Studie koordiniert hat. "Darüber hinaus bleibt die Quote an Frauen mit prekären Arbeitsverhältnissen in der Zeit konstant. Dies gilt auch für den Einstieg in den Arbeitsmarkt, wo die Anzahl an Frauen, die mit prekären Arbeitsverhältnissen einsteigen, hoch ist. Frauen scheinen in der Falle der unsicheren Arbeitsverhältnisse gefangen zu sein", fuhr Vogliotti fort.

Auch in Bezug auf die Lohnschere zeigt sich ein altbekanntes Bild zu ungunsten der Frauen: Der durchschnittliche Lohnunterschied liegt bei 17,3 %, dieser steigt bei Führungspersonen sogar auf 27,8 %, und bei den mittleren Führungskräften beträgt er 13,6 %. Bei ca. 15 % liegt der Lohnunterschied für Arbeiterinnen, Lehrlinge und Verwaltungspersonal.

Insgesamt zeigt sich unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung von Frauen und Männer in Südtiroler Mittel- und Großbetrieben ein klares Bild: Es gibt noch viel Aufholbedarf und viel zu tun. Die Ergebnisse lassen aber auch mögliche Lösungsvorschläge zu, so z.B. das Ergebnis, dass der Frauenanteil in Führungspositionen in nicht frauentypischen Berufssparten höher ist als in Wirtschaftszweigen, in denen der Frauenanteil unter den Beschäftigten hoch ist. Darin sieht die Gleichstellungsrätin Michela Morandini auch einen möglichen Lösungsansatz: "Was die Gleichstellung von Frauen und Männer in der Arbeitswelt betrifft, ist im Rahmen der Gesetzgebung viel getan worden, und doch gibt es noch große Ungleichheiten. Wenn Gesetze an ihre Grenzen stoßen, ist es notwendig, an festgefahrenen Strukturen und Haltungen zu arbeiten. Unternehmen können es sich nicht mehr leisten, auf die Kompetenzen von Frauen zu verzichten. Alternative Arbeits- und Arbeitszeitmodelle müssen umgesetzt werden", so Morandini.

Toni Serafini, Präsident des AFI, merkte zudem an: "Wir befinden uns in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation mit vielen Betrieben, die in einer kritischen Lage sind. Darum ist es umso wichtiger, die Situation von Frauen, ihre Berufswege in der Privatwirtschaft, ihre Laufbahnen und die großen Lohnunterschiede besonders zu beobachten. Die Krise hat Viele getroffen, auch Frauen, die häufig in den Betrieben noch die 'schwachen' Glieder sind."

Der Bericht und weitere Informationen finden sich im Anhang.

 

me

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