Edelrauthütte, Mühlwald/Lappach

Abbruch und Wiederaufbau der Edelrauthütte

Eine Schutzhütte ist ein festes Haus oder eine Hütte in ansonsten unbebautem Gebiet, die zum Schutz vor Unwetter sowie als Übernachtungsmöglichkeit und als Stützpunkt dient. Sie wird hauptsächlich für Wanderer und Bergsteiger errichtet. Die Edelrauthütte ist eine bewirtschaftete Schutzhütte mit derzeitig 18 Schlafplätzen in der Hütte, und 30 im Winterlager.
Sie liegt auf 2.545 m Meereshöhe am Eisbruggjoch, einem Übergang zwischen dem Pfunderer- und dem Lappacher Tal am Alpenhauptkamm.
Die Hütte wurde 1906 von der Sektion Edelraute des DÖAV Wien erbaut. Nach dem Ersten Weltkrieg vom Staat enteignet und der CAI – Sektion Brixen zugeteilt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Hütte zerstört und 1950 wieder aufgebaut. Sie ist Ausgangspunkt für Hochtouren in die Dreitausenderregion der Zillertaler Alpen.
Der Zustieg ist nicht befahrbar. Derzeit werden die Waren einmal monatlich mit dem Hubschrauber transportiert, sonst wöchentlich mit dem Rucksack zu Fuß.
Die Schutzhütte befindet sich in einem allgemein schlechten Bauzustand; sei es die Statik wie auch die Anlagen und die Ausführungen machen es notwendig, das Gebäude abzubrechen und neu zu errichten.

Auslober und Verfahren

Auslober
Autonome Provinz Bozen, Südtirol
Abteilung 11 - Hochbau und technischer Dienst
Silvius-Magnago-Platz 10
39100 Bozen

Verfahren
Der Wettbewerb wurde als nicht offener, einstufiger Planungswettbewerb durchgeführt.
Es wurden 8 Teilnehmer geladen. Allein die Qualität des Wettbewerbsentwurfes ist maßgeblich für die Auswahl des Wettbewerbssiegers.

Entschädigung der Wettbewerbsbeiträge

Es wurde eine Vergütung für jeden Teilnehmer ausbezahlt, sofern ein bewertbares Projekt abgegeben wurde, zu je 2.500 Euro.

Ablauf, Eckdaten und Ergebnis des Wettbewerbs

Termine
Auslobung: 24.11.2011
Abgabe Pläne: 09.04.2012
Preisgerichtssitzungen: 09.05.2012
Teilnehmerzahl: 8

1° Preis
MODUS architects: Matteo Scagnol, Sandy Attia, Giorgio Cappellato 
Zusammenarbeit: Martina Salmaso, Isabella Napolitano, Davide Lorenzato 

2° Preis
Peter Plattner

Mitarbeit: Heimo Prünster
Beratung: Jürgen Haller

3° Preis
EM2 Architekten: Heinrich Mutschlechner, Kurt Egger, Gerhard Mahlknecht
Mitarbeit: Ingrid Tosoni, Hubert Schuller, Heimo Prünster

4° Preis
Werner Seidl, Dorothea Aichner
Mitarbeit: Michela Canal, Zenone Monteduro, Sylvia Schwingshackl, Dietmar Trebo
Beratung: Thermostudio, Hubert Schuller

5° Preis
Martin Stauder, Wolfgang Meraner, Hannes Kofler
Beratung: Gerd Heiter Gerd - Studio TecAss

6° Preis
feld72 architekten zt GmbH: Peter Zoderer
Mitarbeit: Agathe Leaud, Kaja Kos
Beratung: Energytech GmbH, Georg Felderer

7° Preis
Bergmeisterwolf Architekten: Gerd Bergmeister, Michaela Wolf  - LAAC Architekten zt.og: Frank Ludin, Katrin Aste
Mitarbeit: Ana Soares, Benjamin Ennemoser, Peter Griebel, Jürgen Prosch, Philipp Grothenrath
Beratung: Christian Aste

8° Preis
Armin Blasbichler
Mitarbeit: Stefan Kainzwalder, Michael Fissneider, Die Modellbauer
Beratung: Michael Ruedl, Ruedl OHG, Andreas Erlacher

Das Projekt sieht einen L-förmigen Holzbau vor, der sich sehr gut in die Landschaft einfügt. Die Schutzhütte weist gegen die Windseiten hin eine sehr geschlossene Fassade auf, öffnet sich jedoch gegen Westen und bietet so Platz für eine windgeschützte Terrasse, welche eine sehr Ansprechende Aussicht in die Umgebung garantiert. Die funktionalen Zusammenhänge und die Raumorganisation sind sehr gut und überzeugend gelöst. Das Winterlager erhält einen zusätzlichen wettergeschützten Zugang von außen. Die Bauweise ist kompakt. Der Entwurf überzeugt in seiner Einfachheit und Bescheidenheit.

Technischer Bericht

Das Projekt für die neue Edelrauthütte verbindet  funktionale – symbolische – ökologische Prinzipien zu einer planimetrischen Struktur mit großer Einheit, Klarheit und Einfachheit. Die „L“-Form des Gebäudes ermöglicht eine Optimierung während der Bauphase und gleichzeitig das Zurücklassen einer symbolischen Spur des alten Bauwerks und seiner Steinfundamente. Durch die Grundrissgestaltung wird ein windgeschützter Außenbereich in Richtung Süden definiert, welcher während der schönen Sommertage vielseitig durch die Positionierung von Tischen und Bänken  bespielt werden kann. Die neue Konnotation, welche der Schutzhütte verliehen wird, ist einen „Bezugspunkt und eine visuelle Verbindung“ zwischen dem  Pfeifholdertal mit dem Nevesstausee und dem Pfunderertal mit dem Eisbruggsee darzustellen: Visueller Bezug mit seiner durch die 3 Geschosse entstehenden Höhe, welche das Gebäude schlank und optisch markant erscheinen lässt; visuelle Verbindung durch die Positionierung des Hauptraumes, dem Speisesaal, im Zentrum mit großen Öffnungen zu den gegenüberliegenden Tälern, sodass es möglich ist, die Ausblicke nach Süden und Norden in einem einzigen Panorama zu erfassen. Die Höhe, welche das Bauwerk zu einem markantem Element in der Landschaft macht, ermöglicht zudem eine hohe Funktionalität und Wirtschaftlichkeit des Betriebes, indem es eine zonenweise Beheizung des Gebäudes, je nach Anzahl der Gäste, zulässt und vor allem indem es im Inneren ein Biwak beherbergt, das im Sommer als Erweiterung der Hütte mit interner Verbindung dienen kann.

Funktionale Aspekte

Das präsentierte Projekt passt sich dem Gelände und dem bestehenden Gebäude an, sodass die Weiterführung des Betriebes der Schutzhütte während der Bauzeit ermöglicht wird. Dadurch geht keine Saison verloren und den Arbeitern wird während der Bauzeit eine Übernachtungsmöglichkeit geboten.
Das Gebäude mit einfacher „L“-Form schließt in Richtung Süden einen Bereich ein, welcher gegen den von Norden kommendem Wind und Kälte geschützt ist und in dem sich der durch das weit auskragende Dach geschützte Haupteingang befindet. Der Eingangsbereich verbindet direkt die Haupträume der Schutzhütte: Stube/Speisesaal, Haupttreppe, Küche und Sanitäranlagen. Der Speisesaal ist in zwei Zonen unterteilt, wobei sich ein Bereich über zwei Geschosse erstreckt und eine visuelle Verbindung zum ersten Obergeschoss herstellt. Im Erdgeschoss befindet sich zudem der Privatbereich der Pächter, sodass zeitweise auch nur dieses Geschoss beheizt werden kann. Die Schlaflager sind in den Obergeschossen untergebracht.

Konstruktives System

Der Grundriss basiert auf einem regelmäßigen Raster von 2,40 m, welches eine Konstruktion aus kleinen, vorgefertigten Elementen ermöglicht, welche ohne Probleme sowohl mit einem LKW als auch mit dem Hubschrauber transportiert werden können, was die Baukosten drastisch sinken lässt. Die Struktur besteht aus zwei Systemen: Pfosten-Riegel-Konstruktion für die Außen- und Innenwände und System aus massiven Holzpaneelen für die Decken, das Dach und die vertikalen Wände des Treppenhauses, welche dem Gebäude Stabilität verleihen. Die Positionierung des Bauwerks nutzt den Höhenunterschied des Geländes in optimaler Weise aus und ermöglicht somit die Realisierung eines Untergeschosses mit einem minimalen Aushub (nur 1,20 m).

Ökologische Aspekte

Das Gebäude wird durch ein ziemlich kompaktes Volumen charakterisiert, das in Richtung Norden geschlossen ist und sich in Richtung Süden öffnet. Die drei Elemente Sonne – Wasser – Wind werden optimal durch die Form, die Ausrichtung und die Neigung des Bauwerks ausgenutzt.
Sonne: Das Gebäude hat ein 245 m² großes Pultdach, das in Richtung Süden ausgerichtet und somit  sehr gut geeignet für die Installation eines System aus modularen Photovoltaik-Paneelen und Solarpaneelen ist. Im Projekt wurde eine Anlage mit einer Stromproduktion von 2711 kWhk / st vorgesehen. Zudem öffnet sich der Speisesaal in Richtung Süden und ermöglicht so während des Tages eine optimale natürliche Wärmegewinnung durch die Sonneneinstrahlung.
Wasser: Auf der großen Dachfläche fließt das Regenwasser durch die besondere Formgebung an einem einzigen Punkt zusammen und würde so eine einfache und direkte Sammlung in einem  Wassertank ermöglichen, der im Untergeschoss untergebracht werden könnte.
Wind: Die Position des Gebäudes ermöglicht im Nordbereich des Gebäudes, der am meisten dem Wind ausgesetzt ist, die Unterbringung einer „Windkammer“, durch welche die Windkraft für den Antrieb eines Systems von Windrädern  genutzt werden kann.

Fotogalerie