Rechtliche Grundlagen

Im Jahr 1977 schließt Italien per Gesetz alle Sonderklassen und Sonderschulen und verordnet die Integration aller Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen in die allgemeinen Klassen der Grund- und Mittelschule. Auch wenn die rechtlichen Grundlagen weiterentwickelt wurden, gelten Kerninhalte des Gesetzes Nr. 517 von 1977 auch noch heute. Welche rechtlichen Rahmenbestimmungen für die Integration und Inklusion im Bildungsbereich wichtig sind, finden Sie auf diesen Seiten.

1992 fasst der italienische Staat alle Normen zur Inklusion und Unterstützung der Menschen mit Beeinträchtigungen in einem eigenen Rahmengesetz zusammen. Dieses Gesetz Nr. 104/1992 betrifft nicht nur die schulische Inklusion, sondern legt die Rechte der Menschen mit Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen fest und schreibt den Grundgedanken der Inklusion für alle Lebensbereiche konsequent fort. Dieses Gesetz ist nach wie vor gültig und nach wie vor zugrundeliegende Rechtsquelle für die heute geltenden weiterführenden Regelungen. Im allgemeinen Sprachgebrauch sprechen wir etwa von einer Funktionsdiagnose laut Gesetz 104/1992 oder von Anrecht auf schulische Maßnahmen laut Gesetz 104/1992.

Das Gesetz in deutscher Sprache (Stand 2001)

Nachdem Italien so grundlegende Regelungen bereits in den vorhergehenden Jahrzehnten getroffen hatte, stellt die Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung für Italien im Jahr 2008 zwar keinen großen Einschnitt dar. Die Konvention führte aber sicherlich zur Ergänzung des Begriffs der Integration um den Begriff der Inklusion. Außerdem wurde die Zielgruppe deutlich erweitert und der Fokus richtete sich neben den Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigung auf jene mit Lern- und Entwicklungsstörungen und anderen Benachteiligungen.

Das Land Südtirol hat bereits 1983 ein eigenes Rahmengesetz erlassen, das alle wesentlichen Bestimmungen des Gesetzes 104/1992 enthielt. Dieses Landesgesetz wurde 2015 komplett überarbeitet und durch das Landesgesetz Nr. 7/2015 ersetzt. Es trägt den Titel „Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ und beschreibt alle Maßnahmen zur Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Besonders wichtig für den Bildungsbereich sind die Artikel 6–13.
Um auch die direkt Betroffenen besser zu informieren, gibt es eine Übersetzung in Leichte Sprache.
Für den Bildungsbereich legt das Gesetz fest, dass Kinder, Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen das Recht auf ein inklusives Bildungssystem haben.

Für die Praxis ist das Programmabkommen zwischen Kindergärten, Schulen und territorialen Diensten wichtig. Das aktuell gültige Abkommen ist mit Beschluss der Landesregierung Nr. 1056 seit Sommer 2013 in Kraft. Das Abkommen beinhaltet neben allgemeinen Bestimmungen und Begriffsbestimmungen die Aufgaben der Institutionen im Bereich der Inklusion von Kindern, Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigung. Es legt die Verfahrensweisen von der Feststellung der Beeinträchtigung, der besonderen Bildungsbedürfnisse bis hin zur Planung von individuellen Maßnahmen fest.

Die staatlichen gesetzlichen Maßnahmen zur Integration richteten sich lange Jahre ausschließlich an Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen. Mit dem Gesetz Nr. 170/2010 und nachfolgenden Bestimmungen (DM 5669/2011, Direttiva MIUR vom 27.12.2012, CM 8/2013, nota del 22.11.2013) hat Italien auf diese Lücke im Integrationsgesetz reagiert und das Recht auf individualisierte, auf die jeweiligen Stärken und Schwächen abgestimmte Bildungspläne für alle Kinder und Jugendlichen mit besonderen Bildungsbedürfnissen verankert.

Gezielte und frühzeitige didaktische Maßnahmen können das Risiko einer Lese-, Rechtschreib- oder Rechenschwierigkeit verringern, das zeigen Forschungsergebnisse. Im Gesetz 170/2010 wird das Bildungssystem verpflichtet, Maßnahmen zur Früherkennung und Frühförderung zu treffen. Die Landesregierung hat mit Beschluss Nr. 107/2015 diesen Auftrag konkret umgesetzt. 

 

Maßnahmen zur Frühförderung

Mit einem Rundschreiben der Bildungsdirektion vom Juni 2016 wurden für die deutschen Kindergärten und Schulen Maßnahmen und Mittel zur Früherkennung, zur Frühförderung sowie den Informationsaustausch zwischen Kindergarten und Grundschule verbindlich festgelegt. Als Unterstützung und Rahmen für diesen Auftrag wurde ein Konzept zur förderpädagogischen Unterstützung in der Schuleingangsphase und Übersicht über Verfahren zur Einschätzung des Lern- und Entwicklungsstandes erarbeitet.