Ansätze der Mehrsprachigkeitsdidaktik
Interesse für Sprache(n)
Éveil aux langues
Der Éveil aux langues-Ansatz bezieht prinzipiell alle Sprachen und sprachlichen Varietäten ein, darunter die Schulsprachen, die Schulfremdsprachen, die Umgebungs- bzw. Herkunftssprachen. Dieser Ansatz ist eine Art Wegbereiter, der Schülerinnen und Schülern bereits am Anfang ihrer Schullaufbahn die Vielfalt der Sprachen (einschließlich ihrer eigenen) bewusst macht. Er dient zur Förderung von Sprachenbewusstheit im Hinblick auf die Förderung des Sprachenlernens allgemein. Z. B.:
Sprachen und Inhalte in den Blick nehmen
Inhaltsbezogener Sprachenunterricht
Im inhaltsbezogenen Sprachenunterricht orientiert sich der Unterricht an Inhalten und den dafür notwendigen sprachlichen Kompetenzen.
Mehrsprachenunterricht
Der Mehrsprachenunterricht lässt das gesamte sprachliche Repertoire zu. Der Input kann in verschiedenen (Schul-)sprachen erfolgen, Lernprodukte können in einer, in unterschiedlichen oder mehreren Sprachen erstellt werden. Der Ansatz kann über die Sprachenfächer hinaus auf andere Fächer ausgedehnt werden.
Sprachaufmerksamer Sachfachunterricht
Der sprachaufmerksame Sachfachunterricht entlastet inhaltlichen Input vor, sodass eventuelle sprachliche Barrieren für das Verstehen minimiert werden.
Mehrsprachiger Sachfachunterricht
Der mehrsprachige Sachfachunterricht lässt das gesamte sprachliche Repertoire zu. Der Input kann in verschiedenen (Schul-)sprachen erfolgen, Lernprodukte können in einer, in unterschiedlichen oder mehreren Sprachen erstellt werden.
Reflexion über Sprache anregen
Sprachenbewusstsein/multilinguales Bewusstsein fördern
Sprachenbewusstes Lehren und Lernen knüpft an inhaltliche und sprachliche Konzepte an, erweitert und vertieft sie. Auf (psycho-)linguistischer Ebene entsteht durch Vergleiche ein Bewusstsein für Ähnlichkeiten und Unterschiede von Sprachen. Sprachenpolitisch gesehen wird die Hierarchisierung von Sprachen thematisiert und ihre Gleichwertigkeit deutlich gemacht
Interkomprehension
Die Interkomprehension zwischen nah verwandten Sprachen zielt auf den parallelen Erwerb rezeptiver Kenntnisse in zwei oder mehrerer Sprachen ein und derselben Sprachenfamilie (germanische, romanische, slawische Sprachen usw.) ab. Sie greift beim Erlernen einer zweiten oder weiteren Sprachen auf das Vorwissen aus verschiedenen anderen nah verwandten Sprachen zurück. Z. B.:
- Ein Fall für Sprachdetektive
Integrative Sprachendidaktik
Die Integrative Sprachendidaktik hilft den Lernenden dabei, Verbindungen zwischen Sprachen herzustellen, um Kompetenzen, die in einer Sprache erworben wurden, auf andere Sprachen zu übertragen bzw. gleiche Kompetenzen in unterschiedlichen Sprachen parallel aufzubauen und somit Synergien zu schaffen.
Ihre Methodik besteht in einem sprachenübergreifenden Ansatz, der die Erstsprache und/oder andere vorgelernte Fremdsprachen und die persönlichen Sprachlernerfahrungen als Ausgangspunkt für den Erwerb einer und weiterer Sprache(n) nutzt. Sie greift dabei, soweit möglich, auf alle den Lernenden verfügbaren Sprachen und deren relevantes Vorwissen zurück. Z. B.:
Plurikulturalität und mehrdimensionales Denken
Interkultureller Ansatz
Der Interkulturelle Ansatz regt zum Einsatz von Strategien zur Reflexion über Kontaktsituationen an, an denen Individuen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund beteiligt sind. Der Begriff Kultur wird dabei als komplex, dynamisch, offen und hybrid definiert.
Ziele dieses Ansatzes sind das Verstehen anderer kultureller Phänomene und die Förderung des mehrperspektivischen Denkens. Z. B.:
Mediation
Die Mediation bezeichnet die (auch interkulturelle) Vermittlung in der mündlichen und schriftlichen Kommunikation zwischen Menschen unterschiedlicher Sprachen, Sprachvarianten oder Lebenswelten.
Translanguaging
Mit languaging als Verb ist hier der Gebrauch und Einsatz von Sprachen in zwei- und mehrsprachigen Gesellschaften gemeint. Die einzelnen Sprachen werden nicht als getrennte Einheiten gesehen, sondern von den Sprechenden als EIN Repertoire genutzt. Die Form languaging betont das aktive sprachliche Tun.
Trans bedeutet, dass sprachliche Fertigkeiten über die Grenzen definierter Sprachen (“named languages”) hinweg eingesetzt werden, oder auch, dass über die Lautsprachen hinaus andere Ausdrucksmittel und Modalitäten eingesetzt werden.
Translanguaging in der Unterrichtspraxis – Fragestellungen
Der (gemischte) Einsatz von mehreren Sprachen im Alltag ist in sozialen Medien, im mündlichen Gebrauch etc. weit verbreitet, vor allem dann, wenn man weiß, dass alle die jeweiligen Sprachen (Codes) verstehen. Für den didaktischen Einsatz stellen sich u.a. folgende Fragen:
- Wann ist eine Verwendung aller Sprachen bzw. das Zulassen aller Sprachen sinnvoll, um Bildungsinhalte aufzuarbeiten?
- Wie könnte die Erfahrung der selbstverständlichen Verwendung von translanguaging im Alltag in den Unterricht transferiert werden?
- Wie kann translanguaging für Schreibaufgaben genutzt werden?
- Wie kann der kulturelle und sprachliche Hintergrund von Lernenden für den Erwerb bildungssprachlicher Inhalte genutzt werden?
- Wie kann translanguaging zur Stärkung des Selbstbewusstseins v. a. von Lernenden aus Minderheitencommunities genutzt werden?
Mögliche Formen von translanguaging im Unterricht
- Lernende verwenden spontan ihre Sprachen (d. h. andere als die Unterrichtssprachen) im Unterricht.
- Lehrende lassen bewusst alle Sprachen in Gruppenarbeiten bzw. bei unterrichtsbezogenen mündlichen Aktivitäten zu, planen diese Phasen sowie die Umsetzung/Zusammenfassung in der/den gemeinsamen Unterrichtssprachen.
- Lehrende setzen Texte in mehreren Sprachen ein.
- Lehrende lassen beim Schreiben anders- und mehrsprachige Elemente zu.
- Lehrende und Lernende reflektieren über die Bedeutung von translanguaging für den gemeinsamen Prozess des Wissenserwerbs.
- Lehrende und Lernende reflektieren über die möglichen Grenzen von translanguaging für den schulischen Erfolg sowie in der Gesellschaft.
Ein Beispiel von J. Cummins – Identity texts
This pedagogical strategy, described in detail by Cummins, has bilingual students create a bilingual text in English and their home language as a way to share their cultural and linguistic identities and experiences. As Cummins explains: “Students invest their identities in the creation of these texts which can be written, spoken, visual, musical, dramatic, or combinations in multimodal form. The identity text then holds a mirror up to students in which their identities are reflected back in a positive light. When students share identity texts with multiple audiences (peers, teachers, parents, grandparents, sister classes, the media, etc.) they are likely to receive positive feedback and affirmation of self in interaction with these audiences” (Cummins, J. und Early, M. (eds.) (2011) Identity Texts: the collaborative creation of power in multilingual schools, Stoke-on-Trent: Trentham Books, 186)