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Arbeitsmarkt im Sommerhalbjahr: Völlige Erholung, mangelnde Dynamik

Im Zeitraum von Mai bis Oktober 2022 hat die Beschäftigung gegenüber dem Vergleichszeitraum 2021 um 2,6 Prozent zugenommen, im Gastgewerbe um 14 Prozent. Das ist dem Arbeitsmarktbericht zu entnehmen.

Der Arbeitsmarktbericht für das Sommerhalbjahr 2022 liegt vor. Landesrat Philipp Achammer und der Abteilungsdirektor des Arbeitsmarktservice, Stefan Luther, haben ihn am heutigen Freitagmorgen (9. Dezember) im Landhaus 1 in Bozen vorgestellt. Demnach zeigt sich Südtirols Arbeitsmarkt im Zeitraum Mai bis Oktober 2022 konsolidiert, auch im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019. "Alle Sektoren haben sich vollständig erholt", heißt es im Bericht. Im Sommerhalbjahr nahm die Anzahl der Arbeitsverträge gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 2,6 Prozent zu. Dazu trägt das Gastgewerbe mit einem Plus von 14 Prozent wesentlich bei. Entsprechend sinkt der prozentuelle Zuwachs ohne den Bereich der Gastwirtschaft auf 0,7 Prozent. 

Arbeitskräftemangel entgegenwirken

Südtirols Arbeitsmarkt habe in der Vergangenheit Schwankungen erlebt, sagte bei der Arbeitsmarktbericht-Vorstellung Landesrat Philipp Achammer, derzeit zeige das Barometer fast vollen Sonnenschein an. Der Arbeitsmarkt habe sich schnell erholt, die Normalität sei schnell wieder erreicht worden. 

Allerdings seien die Entwicklungen laufend, die Situation wechselhaft. Der Arbeitskräftemangel verstärke sich. "Darauf müssen wir uns einstellen und entsprechend reagieren. Es gilt, die aktive Arbeitsmarktpolitik mit voller Kraft voranzutreiben", betonte der Landesrat. "In erster Linie wollen wir das in Südtirol ansässige Arbeitskräftepotential aktivieren und Jugendlichen, Frauen und älteren Menschen attraktive Bedingungen bieten", erklärte Landesrat Achammer, denn Arbeitslosigkeit und ein "Mismatch" zwischen offenen Stellen und Arbeitssuchenden könne sich die Südtiroler Gesellschaft immer weniger leisten. Bei der Beschäftigung von Personen aus dem nicht europäischen Raum sprach sich Landesrat Achammer für große Achtsamkeit, klare Regeln und eine mehrjährige Planung aus. Verständnis dafür habe er jüngst auch im Gespräch bei Arbeitsministerin Marina Elvira Calderone geortet.

Viele neue Stellen

Arbeitsmarktservice-Direktor Stefan Luther wies darauf hin, dass - mit einem Spitzenwert von fast 240.000 - in Südtirol noch nie so viele Menschen beschäftigt waren wie in diesem Jahr. Und trotzdem sei ein Arbeitskräftemangel zu beobachten. Insbesondere Kleinbetriebe hätten neue Arbeitsstellen geschaffen. Luther bezifferte die Anzahl der neu geschaffenen Stellen auf mehr als 3000. "Dabei sind die kleinen Betriebe eine tragende Säule und bilden mit einigen großen Betrieben, die höher qualifizierte Stellen bieten, eine gesunde Mischung", sagte der Abteilungsdirektor. Stellenzuwächse im zwei- oder dreistelligen Bereich gab es unter anderem bei Alpitronic (100), Technoalpin (50), Intercable (40), Leitner und Dr. Schär (je 20). 

Die Rekordbeschäftigung im Gastgewerbe sei auch auf inländische Arbeitskräfte aus anderen Regionen zurückzuführen (+25% im Vergleich zum Sommer 2020). "Das Bürgereinkommen hat diesen Zulauf nicht messbar unterbunden", betonte Luther. Es gebe 35 Prozent mehr Vertragsabschlüsse mit Beschäftigten aus den süditalienischen Regionen als noch vor der Einführung des Bürgereinkommens. Und eine weitere Präzisierung betrifft die Befristungen, die nach den Worten des Abteilungsdirektors zwar weiter steigen, allerdings: "Das Gastgewerbe hat erkannt, dass es nötig ist, auch auf unbefristete Anstellungen zu setzen, um Personal zu halten. Und wir verzeichnen einen deutlichen Trend der Hotellerie in diese Richtung, nämlich ein Plus von sieben Prozent."

Jeder dritte Arbeitnehmende über 50 Jahre alt

Der Abteilungsdirektor ging auch auf die demografische Entwicklung am Arbeitsmarkt ein: So würden jährlich etwa 3000 Renteneintritte verzeichnet, jedoch träten nicht ebenso viele junge Menschen in den Arbeitsmarkt ein. Jeder dritte Arbeitnehmende ist mittlerweile über 50 Jahre alt. Wobei der Zuwachs bei den Frauen in den vergangenen fünf Jahren besonders ins Auge sticht. "Frauen müssen aufgrund ihrer Erwerbsbiografien länger arbeiten als Männer", informierte Luther, "bei den über-50-jährigen Arbeitskräften zählen wir 103 Frauen auf 100 Männer."

Auf die Auswirkungen der Legalisierung nicht-regulärer Arbeitskräfte des Jahres 2020 ging Luther ebenso ein: Fast tausend Arbeitskräfte seien legalisiert worden, die vor allem im Haushaltssektor tätig waren, davon 79 Prozent Männer und 21 Prozent Frauen. Nach der Legalisierung habe nur etwa ein Viertel die Arbeit im Haushaltsbereich fortgesetzt. Ein großer Teil, vor allem die Männer, seien in andere Sektoren gewechselt.

"Dynamik, Arbeitskräftebedarf und zerbrechliche Normalität kennzeichnen unseren Arbeitsmarkt", betonte Landesrat Achammer abschließend, "sie sind Anlass, eine starke Arbeitsvermittlung aufzubauen und registrierte Arbeitslose in Arbeit zu bringen."

Link zum Arbeitsmarktbericht


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LPA/jw