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Tag der Autonomie: Minderheitenschutz mit Vorbildwirkung im Fokus
Tag der Autonomie auf Schloss Tirol im Zeichen der Sonderautonomien - Landeshauptmann Kompatscher: "Schutzmechanismus hat funktioniert"
TIROL (LPA). Am 5. September 1946 unterzeichneten Karl Gruber und Alcide De Gasperi das Pariser Abkommen, die internationale Rechtsgrundlage für die Autonomie Südtirols. Zum 79. Jahrestag dieses historischen Abkommens feierte das Land Südtirol den sogenannten Tag der Autonomie mit einer Veranstaltung auf Schloss Tirol. Zwei Podiumsdiskussionen zu "Autonomien im Wandel: Sonderrechte zwischen Reformen und Identität" und "Minderheitenschutz, Dialog und Frieden fördern" bildeten die beiden Höhepunkte.
Landeshauptmann Arno Kompatscher hob einleitend die Bedeutung der Zusammenarbeit der Autonomien und der gemeinsamen Bewältigung von Herausforderungen hervor: "80 Jahre nach der Unterzeichnung des Abkommens und über 50 Jahre nach dem Inkrafttreten des Zweiten Autonomiestatuts können wir sagen, dass sich die Regelungen und Mechanismen zum Schutz der Minderheiten im Rahmen unseres Autonomiesystems als wirksam erwiesen haben." Es bleibe aber eine ständige Aufgabe, diese Regelungen laufend an neue und geänderte Erfordernisse und Rahmenbedingungen anzupassen, und zwar so, dass deren Zielsetzung und Wirksamkeit auf keine Weise beeinträchtigt werden. Die Südtirol-Autonomie gelte heute weltweit als eines der wenigen Beispiele für erfolgreichen Minderheitenschutz und als Beweis dafür, dass eine dauerhafte Befriedung eines Mehrheiten-/Minderheitenkonflikts auf Basis des Völkerrechtes möglich sei, unterstrich der Landeshauptmann Kompatscher in seinen einleitenden Worten. Das "Beispiel Südtirol" sei deshalb bereits seit Langem von großem internationalem Interesse, seit der laufenden Diskussion um die Autonomiereform auch für andere Regionen Italiens. "Südtirol kann Türöffner sein", hielt Kompatscher fest.
Im Rahmen des ersten Runden Tisches diskutierte der Südtiroler Landeshauptmann mit seinem Amtskollegen aus dem Trentino, Maurizio Fugatti, mit Pierpaolo Roberti (Assessor für lokale Autonomie der Autonomen Region Friaul-Julisch Venetien), der Generalsekretärin der Autonomen Region Aostatal, Stefania Fanizzi, und Esther Happacher, Professorin für Italienisches Recht an der Universität Innsbruck. "Die Autonomie stellt die Menschen in den Vordergrund, denn es geht darum, dass man eine möglichst sichere Basis hat für die Bereitschaft und den Willen, Verantwortung für Land und Leute zu übernehmen", hielt Happacher einleitend fest. Für den Landeshauptmann des Trentino Fugatti befinden sich Autonomien im ständigen Wandel: "Autonomie ist dynamisch, erweitert die eigenen Zuständigkeiten und passt sich dem Wandel an. Dies gelingt, weil wir unsere Eigenheit, unsere Identität als Sonderautonomien stets weiterdenken."
"Die Autonomie hat sich als das wirksamste Instrument erwiesen, um historische, wirtschaftliche und ethnische Schwierigkeiten in Chancen für Wachstum und Entwicklung zu verwandeln. Die Region Friaul-Julisch Venetien ist ein konkretes Beispiel dafür: eine mehrsprachige und multikulturelle Region, die es verstanden hat, Unterschiede auszugleichen und das, was einst Grenze und Trennung war, in eine Brücke des Dialogs zwischen Europa und dem Balkan zu verwandeln", hob Regionalassessor Roberti hervor. Dank der Autonomie seien die Besonderheiten zu Stärken geworden. Es gelte darum, keine Rückschritte zuzulassen: "Die Autonomie ist ein vorbildliches Modell, das Minderheiten schützt und maßgeschneiderte Lösungen bietet, wodurch Wohlstand und Zusammenhalt geschaffen werden." Die Autonomen Regionen und Provinzen seien sehr unterschiedlich, hielt die Generalsekretärin des Aostatales, Stefania Fanizzi, fest. In Vertretung von Regionenpräsident Renzo Testolin erinnerte Fanizzi an die Verantwortung bei der Verwaltung eines Gebietes: "Die Nähe der Verwaltenden zu den Bürgerinnen und Bürgern kann sich positiv auf die Effizienz der Verwaltung und der Gesetzgebung auswirken. Denn schließlich geht es darum, der Bevölkerung hochwertige Dienstleistungen garantieren und den Wohlstand der Bevölkerung absichern zu können."
Abschließend erinnerte Esther Happacher an den bekannten Ausspruch von Altlandeshauptmann Silvius Magnago, wonach es gelte "die Blumen am Wegesrand zu pflücken" und somit sich bietende Gelegenheiten zu nutzen, um die Autonomie weiterzuentwickeln und abzusichern.
In einer zweiten Diskussionsrunde wurde der Blick über den Tellerrand gewagt. Über den Runden Tisch mit Olivia Schubert (Ungarndeutsche), Ana Grilc, (Klub slowenischer Studierender in Wien), Marlies Alber (Eurac Research, Institut für Angewandte Sprachforschung) und Heinrich Huber (Vertreter der ladinischen Gemeinschaft) berichtet das LPA in einer weiteren Pressemitteilung.
LPA/gm/ck