Kulturgüter in Südtirol

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Entwurf für Museum

5 Entwürfe für eine Werkinstallation an der Außenfassade des ehemaligen Sitzes des MUSEION in der Sernesistraße 1 in Bozen (davon 4 auf schwarzen Karton aufgezogen und eines gerahmt).

Objektbezeichnung:
Grafik
Inventarnummer:
853
Hersteller:
Habicher, Eduard
Sammlung:
Sammlung Museion
Datierung:
1991
Material:
Bleistift, Filzstift, Tusche, Papier
Technik:
gezeichnet (Skizze)
Institution:
Stiftung MUSEION. Museum für moderne und zeitgenössische Kunst Bozen
Maße:
variable Maße
Historische-kritische Angaben:
"Wie bei den Vertretern der Arte Povera - derjenigen italienischen Nachkriegsströmung in der Kunst, die am meisten internationale Resonanz verzeichnen konnte - und ähnlich wie bei Josef Beuys spielen in Eduard Habichers Arbeiten Materialien eine wichtige Rolle. Nur sind sie bei ihm nicht ärmlich, wohl aber karg. Materialdifferenzen und -kontraste werden bei Habicher zu einem wichtigen Moment des Ausdrucks. In seinen Arbeiten treffen oft die Urmaterialien Stein und Holz auf das fortschrittliche Kulturprodukt Inoxstahl, wobei jedes dieser Elemente den ihn umgebenden Bedeutungshof in die aus dem Kontakt entstehende Interaktion einführt. Die zunächst absolut unpersönlichen und dem Industriestandard entsprechenden Stahlplatten, von denen Habicher ausgeht, werden erst unter dem Einsatz mühevoller Handarbeit zu einem Stoff, der deutliche Spuren menschlichen Eingriffs trägt. Die von Habicher verwendeten - in Flüssen oder Steinbrüchen aufgefundenen - Steine sind oft naturbelassen oder weisen zufällige Schleifspuren auf, andere Male sind sie bearbeitet. Den beiden harten und unorganischen Stoffen steht das Holz entgegen, das gelegentlich durch Verkohlungen zusätzlich mit (menschlicher) Geschichte versehen wird und so auf Archaisches, aber auch auf Zerstörung und Vergänglichkeit hinweist. Wesentlich in Habichers Arbeiten ist, in welches Verhältnis diese Stoffe mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften (hart, weich, glatt, rau, organisch, unorganisch, naturbelassen oder bearbeitet etc.) zueinander treten. Um Zugang zu Arbeiten dieser Art zu finden, muß der Beschauer über eine konventionelle Vorstellung von Plastik hinausgehen und sich auf dieses einerseits sehr abstrakte, andererseits sehr handgreifliche Zeichensystem einlassen. Mit Holz und Stein verwendet Habicher zwei Werkstoffe, die er seiner unmittelbaren natürlichen Umgebung entnimmt und die eine Tradition sowohl im Bereich des ländlichen Lebens als auch der bodenständigen Kunst haben. Habicher greift damit auf die am nächsten liegenden Materialien und die ihn umgebende Wirklichkeit zurück und geht einen Dialog besonderer Art ein. Hier haben wir es daher mit einer regional verankerten Kunst im besten Sinn zu tun. Mit seinem reduzierten Instrumentarium geht Habicher geradezu virtuos um. Zunächst einmal ist festzustellen, daß seine Arbeiten - im Gegensatz zur herkömmlichen Plastik - nicht durch Volumen Raum verdrängen, sondern in ihrer Schlankheit Raum schaffen. Ein Minimum an Körper greift weit in den Raum aus und bringt die dazwischenliegenden Freiräume zum Schwingen. Dieses Vorgehen, bei dem gerade der Aussparung ein wichtiger Stellenwert zukommt, zielt darauf ab, den leeren Raum zu aktivieren. Habicher ist ein Meister der Ellipse oder Auslassung und in diesem Sinn ein Lyriker unter den Plastikern. Bei aller Grazilität steckt in Habichers Skulpturen viel Kraft: nicht nur die in die harte Arbeit investierte (die man wie bei den meisten gelungenen künstlerischen Leistungen kaum bemerkt), sondern auch diejenige, derer es bedarf, um auf paradox zu nennende Weise große Lasten in der Höhe zu balancieren: ein Steinbrocken ragt von der Spitze eines Gerüstes in die Luft, scheint sich in einem äußerst labilen Gleichgewicht zu befinden, jederzeit herunterbrechen zu wollen, und wird (zum Glück) doch von einer unsichtbaren, aber natürlich genau kalkulierten Kraft oben gehalten. Zu dem raumbildenden Charakter von Habichers Plastiken passt sehr gut, daß sie sich häufig als Durchgänge - eben als begehbare Gebilde - präsentieren. Auch dies eine Form des Dialogs: der Beschauer steht nicht jenseits, sondern mitten in der Skulptur. Habichers Arbeiten nehmen immer auf den Raum Bezug, in dem sie sich befinden und für den sie meistens auch eigens angefertigt sind: es sind also nicht beliebig transferierbare Gebilde, sondern ihre Formen korrespondieren mit denjenigen des Umfelds, spiegeln sie, wandeln sie ab oder widersetzen sich ihnen. Im Idealfall ist die Plastik der ganze Raum. Bei seinen Installationen bedient sich Habicher - abgesehen von den Übergängen von einem Material zum anderen - eines subtilen Spiels mit den Dimensionen: von der (bei Habicher immer nur relativ körperlichen) Körperlichkeit der dritten Dimension schlagen seine Arbeiten plötzlich in die Flächigkeit um, wenn sie sich durch ausgeschnittene Teerpappe oder gezeichnete Schattierung gleichsam als Spiegelung auf der Wand fortsetzen und dabei möglicherweise sogar noch von einer Raumecke gebrochen werden. Das Spiel wird schließlich durch die Einbeziehung realer, von den Werken selbst geworfener Schatten (die natürlich die eminente Bedeutung der Beleuchtung für Habichers Arbeiten implizieren) weiter gesteigert und durch den Einsatz spiegelnden und zugleich transparenten Glases zu seinem Extrem getrieben. Für Habicher, der sich viel mit dem Denken der modernen Physik beschäftigt, verbindet sich mit dem ganzen Komplex der Spiegelung, des Reflexes und des Widerspieles fester Körper mit ihren Schatten die Frage nach der Realität des Realen: was ist realer, die festen Körper oder ihre projizierten Umrisse, oder sind sie es in gleichem Maße und nur jeweils in einer anderen Dimension unserer Vorstellung? Das Interessante ist dabei, daß die Frage aufgeworfen, aber nicht beantwortet wird. Das Produktive an der Fragestellung besteht darin, daß sie sich im Beschauer fortsetzt. Wie jedes überzeugende Werk zeichnet sich dasjenige Habichers weniger durch unbedingte Aktualität aus -denn Habicher nimmt nur begrenzt am modischen Kunstdiskurs teil -, sondern vor allem durch eine kohärente Sprache, durch ein dichtes und bei jedem Querschnitt in sich stimmiges System, das in seinem Fall mit wenigen Elementen auskommt. Gerade die Reduktion und die immer wieder unaufdringlich anklingende, unbeantwortbare Frage nach dem, was Wirklichkeit ist, machen die spröde Poesie von Habichers Arbeiten aus."
(Andreas Hapkemeyer: „Poesie der Leerräume“ in Eduard Habicher, Museion, Bozen 1991. S. 16f)

 

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