Artenvielfalt & Landschaft

Agrarflächen haben das Potenzial, Tieren und Pflanzen einen idealen Lebensraum zu bieten. Die Intensivierung der Landwirtschaft beeinträchtigt aber auch diese Lebensräume. Die Folge: Die Artenvielfalt ist in der Agrarlandschaft seit Jahren rückläufig. Durch gezielte Maßnahmen soll dieser Trend umgekehrt werden. Unser Ziel für 2030: Südtirol soll das Land der Artenvielfalt werden. Dafür gilt es, die Artenvielfalt grundsätzlich zu steigern, indem u. a. Habitate für besonders gefährdete Arten geschaffen werden (Zielartenschutz). Das Biodiversitätsmonitoring der Eurac beobachtet die Entwicklung. Das Versuchszentrum Laimburg nutzt funktionelle Biodiversität für einen nachhaltigen Pflanzenschutz, indem Lebensraum für Nützlinge geschaffen wird. All dies dient der Landwirtschaft, aber vor allem der Natur insgesamt. Bäuerinnen und Bauern erbringen somit eine allgemeine Leistung, von der die gesamte Bevölkerung und der Tourismus profitieren. Die Pflege der Landschaft und der Erhalt des Ökosystems muss als Leistung anerkannt werden!
Hier starten wir:
- Die Artenvielfalt hat unter der Intensivierung der Grünlandwirtschaft gelitten. Dazu beigetragen haben die frühere Mahd, der vermehrte Einsatz von Gülle und Mineraldünger sowie Meliorierungen.
- Andererseits gibt es noch große Flächen, die extensiv genutzt werden.
- In einer durchschnittlichen Wiese kommen in der Regel 20 bis 40 Pflanzenarten, 5 Heuschrecken und 10 Tagfalterarten vor und man kann 10 bis 15 Vogel- und 5 bis 10 Fledermausarten beobachten.
- 20 % der Betriebe halten vom Aussterben bedrohte Rassen wie Grauvieh, Pinzgauer, Pustertaler Sprinzen und Original Braunvieh.
Da wollen wir hin:
- Erhalt und Steigerung der Artenvielfalt im Grünland
- Balance zwischen Pflanzenproduktion und Artenvielfalt durch eine differenzierte Bewirtschaftung
Konkrete Maßnahmen:
- Regelmäßige Erfassung der Artenentwicklung
- Begrünung mit autochthonem Saatgut
- Kartierung schützenswerter Flächen (Naturmuseum Südtirol)
- Studie des Effekts der organischen Düngung auf mäßig artenreiche Wiesen in Natura-2000-Gebieten (Versuchszentrum Laimburg)
- Förderung einer geringen Bewirtschaftungsintensität auf wertvollen Flächen
- Förderung von Landschafts- und Wiesen- pflege (z. B. „Wiesen-Gen-Erhaltungsflächen“ und Landschaftspflegeprämien)
- Ausweisung und Förderung von Habitaten für gefährdete Arten
Hier starten wir:
- Dank der weitgehenden Dauerbegrünung im Weinbau, der besonderen Lagen, Steinmauern und weniger intensiven Bewässerung finden wir in der Weinwirtschaft eine erstaunlich hohe Artenvielfalt.
- In einem durchschnittlichen Weinberg kommen zwischen 30 und 40 Pflanzen-, bis zu 10 Tagfalter- und 3 bis 5 Heuschrecken- arten vor. Zudem können 10 bis 15 Vogel- und etwa 10 Fledermausarten beobachtet werden.
Da wollen wir hin:
- Weinberge als artenreichen Lebensraum aus- bauen und sichtbar machen
Konkrete Maßnahmen:
- Förderung von regionalen Einsaaten
- Verpflichtendes Pflanzenschutzprogramm („Südtirol Wein Agenda 2030“)
- Weitgehender Verzicht auf synthetische Herbizide („Südtirol Wein Agenda 2030“)
- Wettbewerb „Lebensraum im Weinberg“ („Südtirol Wein Agenda 2030“)
- Ausarbeitung eines Leitfadens zur Förderung der Biodiversität im Weingarten („Südtirol Wein Agenda 2030“)
Hier starten wir:
- Innerhalb der Agrarflächen weisen die Obstbauflächen die geringste Artenvielfalt auf. Das Potenzial, diese zu erhöhen, ist entsprechend groß.
- In einer Obstanlage kommen meist 20
- bis 25 Pflanzen- und bis zu 5 Tagfalterarten vor. Heuschrecken fehlen vielfach ganz. Es können etwa 10 Vogel- und Fledermausarten beobachtet werden.
Da wollen wir hin:
- Apfelwiesen als artenreicher Lebensraum
- Resistente Sorten anbauen, die weniger Pflanzenschutz erfordern
- Südtirol als Obstgarten Europas mit der größten Biodiversität
Konkrete Maßnahmen:
- Gestaltung von Ausgleichsflächen als Verbundflächen und als Zielhabitate (über die Genossenschaften)
- Förderung von regionalem Saatgut (Auftrag an das Versuchszentrum Laimburg)
- Züchtung und Prüfung resistenter bzw. robuster Sorten und Unterlagen mit neuesten Technologien (Versuchszentrum Laimburg)
- Reduzierter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch smarte und bedarfsgerechte Ausbringung
- Weiterentwicklung der biologischen Schädlingsbekämpfung und der funktionellen Biodiversität durch profunde Kenntnis der biologischen Zusammenhänge (z. B. der Einsatz von Parasitoiden gegen die Marmorierte Baumwanze)
- Wirk- und Lockstoffe aus der Natur (Agrobiologicals) erforschen (Versuchszentrum Laimburg mit Partnern)
- Steigerung des Bioanbaus
Kartierung schützenswerter Flächen
Das Naturmuseum hat u. a. im Zuge der Ausarbeitung dieses Leitbildes über 1.000 Hektar an schützenswerter Fläche kartiert. Die auf- gelisteten Wiesen und Feuchtflächen werden landwirtschaftlich genutzt oder liegen direkt im landwirtschaftlichen Grün und sind daher von der Bewirtschaftung beeinflusst. Die Liste enthält über 100 hochwertige Wiesen, Feuchtflächen und einige Trockenstandorte. Diese zu erhalten, ist unser Ziel.
Die Bienenweide am Latscher Sonnenberg
Als Bienenweide bezeichnet man Pflanzungen, die den Bienen, aber auch anderen Insekten über spezifische Vegetationsperioden wertvollen Nektar und Pollen liefern. Eine solche Bienenweide ist 2020 am Latscher Sonnenberg entstanden. Bei diesem Pilotprojekt geht es darum, bienenfreundliche Waldränder zu errichten.
Projekte von VIP und Eurac
Der Verband der Vinschger Produzenten für Obst und Gemüse VIP arbeitet mit der Eurac an der Weiterentwicklung und Umsetzung des Naturindexes. Durch ein Heckennetzwerk sollen Randstreifen belebt und ökologisch attraktiv gemacht werden. Ziel ist es, sogenannte Biodiversitätsinseln zu schaffen und dadurch die Artenvielfalt auf unseren Kulturflächen zu er- höhen. Einige Pilotprojekte zeigen schon jetzt, wie das gehen kann.