Biogas

Südtirolweit gib es 31 Biogasanlagen, die jährlich etwa 130.000 Tonnen Gülle und Mist und 10.000 Tonnen organische Haushaltsabfälle, also den sogenannten Biomüll, in Strom und Wärme umwandeln. Um herauszufinden, wie diese Anlagen in Punkto Ökologie, Wirtschaftlichkeit und Energie arbeiten, hat die Abteilung Landwirtschaft der Provinz Bozen den Bereich Energie & Umwelt des TIS innovation park beauftragt, im Rahmen einer Studie die existierenden Anlagen zu analysieren. Die Ergebnisse der energetischen und ökologischen Analysen sind sehr vielversprechend. Sowohl die energetische als auch die ökologische Bilanz der analysierten Anlagen sind laut dem TIS-Gutachten sehr positiv. Die Studie beweist, dass die Investitionen der Provinz in den Biogassektor durchaus sinnvoll sind und sogar noch weiter ausgebaut werden können. Derzeit werden in Südtirol 16 Millionen Kubikmeter Biogas zur Wärme- und Stromproduktion erzeugt. Würde man das gesamte Biogaspotential aus organischen Abfällen der Agrar- und Nahrungsmittelindustrie nutzen, ließe sich die Biogaserzeugung verdreifachen. Mit weiteren 35 Millionen Kubikmetern oder anders ausgedrückt würde man alle Biomasse-Ressourcen des Landes nutzen, könnte man den gesamten Jahresbedarf der öffentlichen Beleuchtungsanlagen Südtirols decken oder rund 20.000 Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgen.

Energetische Analyse

Die Analyse der Biogasanlagen der Provinz Bozen hat gezeigt, dass die landwirtschaftlichen Anlagen, also jene, die Mist und Gülle verwerten, etwa 20 bis 30 Prozent der Energie und Wärme, die sie erzeugen, selbst verbrauchen. Jene Anlage, die den Biomüll der Haushalte verwertet, verbraucht 70 Prozent. Eine durchaus positive Bilanz also, wenn man bedenkt, dass mit der Energie die gesamten Maschinen der Anlagen betrieben werden und auch der benötigte Treibstoff für den Biomasse-Transport miteinberechnet ist. Der Treibstoffverbrauch für die Sammlung und den Transport des Biomülls zur Anlage macht besonders für die Biomüll-Vergärungsanlage in Lana einen Großteil des Gesamtverbrauchs der Anlage aus, wo jährlich insgesamt mehr als 200.000 km zurückgelegt werden müssen.

Umweltanalyse

Die Verarbeitung von Gülle und Mist in landwirtschaftlichen Biogasanlagen ist – mit einer CO2-Einsparung von 60 Prozent – umweltfreundlicher als die traditionelle Nutzung von Gülle und Mist als Dünger. Würden in Biogasanlagen aus Gülle und Mist nämlich nicht Strom und Wärme gewonnen, würden sie zunächst von Landwirten gelagert und dann eben als Dünger auf den Feldern verteilt. Dabei würde mehr CO2 freigesetzt als bei der Verarbeitung in der Biogasanlage.

Auch die Biomüll-Vergärungsanlage in Lana hat eine positive Umweltbilanz. Hier werden die organischen Haushaltsabfälle, also der so genannte Biomüll aus 34 Südtiroler Gemeinden angeliefert. Alleine die Stadt Bozen deckt mit ihren 6.000 Tonnen Biomüll die Hälfte des Biomassebedarfs der Anlage. Die Verwertung des Haushalts-Biomülls in der Biogasanlage spart – gegenüber der Kompostierung – 50 Prozent CO2 ein.

Die Umweltbilanz ist aber natürlich vor allem deshalb positiv, weil es sich bei Gülle und Mist um eine erneuerbare Ressource handelt. Das bedeutet, dass auf umweltschädliche fossile Brennstoffe Öl und Kohle für die Energieproduktion verzichtet werden kann. Dadurch werden pro Kilowattstunde elektrischer Energie 440 Gramm CO2 eingespart.

Wirtschaftliche Analyse

Nicht alle Anlagen, die im Studienverlauf untersucht wurden, haben dagegen eine positive wirtschaftliche Bilanz vorzuweisen. Analysiert man Betriebskosten und Einnahmen, stellt man fest, dass die Wirtschaftlichkeit der Anlagen von vielen Faktoren abhängt. Die wichtigsten sind: Investitionskosten, Finanzierungskonditionen, Höhe der erhaltenen Fördermittel, Einsatz oder Nicht-Einsatz von Co-Fermenten, Einspeisung der Wärme ins Netz und die Effizienz beim Anlagenbetrieb.

Kosten einsparen kann man natürlich auch in der Planungsphase von Biogasanlagen, nämlich dann, wenn man Anlagen an Standorten baut, die gut zu erreichen sind und wo keine großen Aushubarbeiten notwendig werden. Selbstverständlich hängt die Wirtschaftlichkeit von Anlagen auch sehr stark von den Betriebskosten ab, wo die Finanzierungsrate eine große Rolle spielt. Wer Wärme in ein Fernwärmenetz einspeist oder damit nahegelegene Häuser versorgt, kann die Wirtschaftlichkeit der eigenen Anlage erhöhen. Auch der Einsatz von Co-Fermenten, wie zum Beispiel Reste aus der Apfelverarbeitung, trägt dazu bei, die Biogasproduktion und damit die Wirtschaftlichkeit von Anlagen zu erhöhen.

Was ist Biogas?

Die Biogaserzeugung erfolgt durch die Vergärung von organischen Stoffen. Unter dem Begriff Vergärung versteht man den Abbau von biogenem Material durch Mikroorganismen in Abwesenheit von Sauerstoff, das heißt unter anaeroben Bedingungen. Mehrere Bakteriengruppen verwandeln biogenes Material in Biogas. Dies besteht aus etwa 2/3 brennbarem Methan und rund 1/3 Kohlendioxid sowie Restgasen. Landwirtschaftliche Biogasanlagen setzen als Basismaterial Gülle oder auch Festmist ein. Zur Erhöhung des Gasertrags kommen häufig Co-Fermentate zum Einsatz (z.B. nachwachsende Rohstoffe oder Abfälle aus der Lebensmittelindustrie). Das vergorene organische Material kann als hochwertiger Dünger landbaulich verwertet werden. Wirtschaftlich interessant ist das Verfahren insbesondere bei größeren Anlagen, in denen als Co-Vergärung neben der Gülle weitere sogenannte reine Abfälle (Molke, Gemüse, Schlachtnebenprodukte usw.) behandelt werden. Biogasanlagen werden häufig auch gezielt zur Energiegewinnung gebaut, wobei pflanzliche nachwachsende Rohstoffe - sogenannte Energiepflanzen - angebaut und vergärt werden ( z.B.: Silomais, Gras, Rüben). Daneben wird Biogas auch bei der Behandlung industrieller Abwässer oder bei der Stabilisierung der Abwasserschlämme in Faultürmen erzeugt und energetisch verwertet.

Energiegewinnung aus Biogas

Biogas kann u.a. direkt für Heizzwecke oder mittels eines Blockheizkraftwerks (BHKW) zur gekoppelten Produktion von Strom und Wärme genutzt werden. Brennstoffzellen können in Zukunft auch vermehrt direkt zur Verbrennung von Biogas, Klärgas, oder Deponiegas verwendet werden und liefern den höchsten elektrischen Wirkungsgrad, der derzeit bei 55% liegt. Biogas kann nach geeigneter Vorbehandlung ins Gasnetz eingespeist werden, wird aber auch als Treibstoff für Otto- oder Dual-Fuel-Motoren zum Antrieb von Fahrzeugen eingesetzt. Biogasbetriebene Fahrzeuge haben hervorragende Abgaswerte, die nur rund halb so hoch sind wie die beim Benzinbetrieb (gemäß EEC-Fahrtest). Einige Firmen bieten fertige Aufbereitungs-, Kompressions- und Tanksysteme für PKW‘s und LKW‘s an, die auf den Gasbetrieb (bzw. dual fuel) umgerüstet werden. (Stand Südtirol, Dezember 2013)

In Südtirol waren Ende 2013 insgesamt 32 Biogasanlagen in Betrieb:

  • 25 Einzelanlagen auf Höfen zwischen 20 und 130 GVE
  • 7 Gemeinschaftsanlagen in Prad i.V., Sand i.T., Aldein, Terenten, Schluderns, Schlinig und St. Lorenzen.
  • 6 Einzelanlagen sind außer Betrieb gesetzt worden
  • Wirtschaftsdünger von rund 10.000 GVE wird in Biogasanlagen behandelt
  • In 24 Anlagen wird Strom produziert. Installierte elektrische Leistung: 4.400 kW
    • Stromproduktion 2013: rund 24,5 Mio. kWh (entspricht rund 0,8 % des Südtiroler Stromverbrauchs)
    • 8 Betriebe nutzen das produzierte Biogas zur Erzeugung von Warmwasser und für Heizzwecke
    • insgesamt genutzte Wärmeenergie: rund 6,8 Mio. kWh