Landtag

Der Landtag ist das einzige der Organe des Landes Südtirol, das direkt durch eine Wahl vom Volk bestimmt wird. Die Hauptfunktion des Landtages ist die Erstellung der Landesgesetze. Weiters wählt der Landtag die Mitglieder der Landesregierung aus seiner Mitte und überwacht deren Tätigkeit beispielsweise mittels Anfragen.

Die klassische und sicher auch wichtigste Aufgabe des Landtages ist die Gesetzgebungsfunktion. Bis zur jüngsten mit dem Verfassungsgesetz vom 18. Oktober 2001, Nr. 3, erfolgten Änderung der Italienischen Verfassung unterteilte sich die Gesetzgebungsbefugnis des Landes, je nach ihrem Ausmaß bzw. ihren Grenzen, in primäre, sekundäre und tertiäre, in jeweils taxativ angeführten Bereichen. Für alle anderen Bereiche lag die Zuständigkeit beim Staat. Nun ist die Lage umgekehrt. Während der Gesetzgebungsbefugnis des Staates eine Reihe genau festgelegter Bereiche, wie z.B. die Außenpolitik, die Verteidigung, Währung, Steuerwesen, öffentliche Sicherheit, Gerichtsbarkeit und andere mehr vorbehalten sind, kann das Land in allen anderen Bereichen gesetzgeberisch tätig sein. In der Ausübung dieser Gesetzgebungsbefugnis muss sich das Land innerhalb der Grenzen der Italienischen Verfassung, des Gemeinschaftsrechtes, internationaler Verträge sowie, in gewissen der so genannten konkurrierenden Gesetzgebung zugeordneten Bereichen, der mit Staatsgesetz festgelegten Grundsätze bewegen. Die Ausübung dieser Gesetzgebungsbefugnis durch das Land findet ihren sichtbaren Niederschlag in der Gesetzgebungstätigkeit, d.h. der Überprüfung und allfälligen Verabschiedung durch den Landtag von Gesetzentwürfen. Die Gesetzesinitiative steht jedem Abgeordneten, der Landesregierung sowie dem Volk zu.

Jeder Gesetzentwurf muss beim Landtagspräsidenten eingebracht werden, der ihn dann dem zuständigen Gesetzgebungsausschusses für die vorgesehene Überprüfung zuweist.

Die Gesetzgebungsausschüsse werden zu Beginn einer jeden Legislaturperiode eingerichtet. Der Landtag bestimmt auch deren Anzahl, die jeweiligen Zuständigkeitsbereiche, die Anzahl des Ausschussmitglieder und wählt schließlich diese, wobei er auf die Stärke der Sprachgruppen, wie diese im Landtag vertreten sind, und, nach Möglichkeit, auf die Stärke der einzelnen Landtagsfraktionen Bedacht nimmt.

Die Gesetzgebungsausschüsse überprüfen jeden ihnen zugewiesenen Gesetzentwurf innerhalb einer bestimmten Frist und nehmen gegebenenfalls am vorgelegten Text für zweckmäßig erachtete Änderungen vor. Nach Abschluss der Arbeiten übermittelt der Vorsitzende des Ausschusses den vom Ausschuss genehmigten Text des Gesetzentwurfes zusammen mit einem entsprechenden Bericht wieder dem Landtagspräsidenten. Jene Ausschussmitglieder, welche dem Gesetzentwurf nicht zugestimmt haben, können einen sogenannten Minderheitenbericht vorlegen.

Der Gesetzentwurf wird hierauf vom Präsidenten auf die Tagesordnung des Landtages für die endgültige Überprüfung gesetzt. Im Landtagsplenum, und somit in öffentlicher Sitzung, findet zum Gesetzentwurf zuerst eine Generaldebatte und dann, in der Regel, eine Debatte und Abstimmung über jeden einzelnen Artikel statt. Dabei kommen auch allenfalls von der Landesregierung oder Abgeordneten vorgelegte Abänderungsanträge zur Behandlung. Nach der Genehmigung aller Artikel wird der Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit noch einer geheimen Schlussabstimmung unterzogen. Wird der Gesetzentwurf bei dieser Schlussabstimmung genehmigt, wird das Gesetz, ohne vorherige Überprüfung und Kontrolle durch die Regierung, vom Landeshauptmann verkündet und sodann im Amtsblatt der Region veröffentlicht. Vorbehaltlich einer anderen Vorgabe, tritt es am 15. Tag nach seiner Veröffentlichung in Kraft. Die Regierung kann jedoch innerhalb von 60 Tagen vor dem Verfassungsgerichtshof die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Landesgesetzes aufwerfen und somit die gleiche Befugnis ausüben, die auch das Land gegenüber einem Staatsgesetz ausüben kann, das nach Auffassung des Landes die eigene Gesetzgebungsbefugnis verletzt.

Die Kontroll- und Mitwirkungsbefugnis des Landtages

Eine weitere wichtige vom Landtag wahrgenommene Aufgabe und Befugnis ist jene der Kontrolle über die Vollziehung, d.h. über die Tätigkeit der Landesverwaltung. Diese Befugnis wird von den einzelnen Abgeordneten durch die Einbringung von Anfragen mit schriftlicher Beantwortung und Anfragen im Rahmen der „Aktuellen Fragestunde" sowie über allfällige Untersuchungskommissionen, deren Einsetzung von einem Viertel der Abgeordneten verlangt werden kann, wahrgenommen. Als Instrumentarium für die Mitwirkung an der Vollziehung stehen den Abgeordneten dagegen die Beschlussanträge zur Verfügung. Mit der Einbringung eines Beschlussantrages will der Abgeordnete einen Beschluss des Landtages in einer bestimmten Angelegenheit herbeiführen. In den meisten Fällen beinhaltet dieser Beschluss die Aufforderung an die Landesregierung, in einem bestimmten Sinne tätig zu werden bzw. bestimmte Maßnahmen zu setzen. Anfragen und Beschlussanträge können zu allen Angelegenheiten eingebracht werden, von denen die Bürger und Bürgerinnen Südtirols direkt betroffen sind.