Die zentrale Instanz der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit bildet das Landesgericht (Externer Link). Der Unterteilung in Straf- und Zivilgerichtsbarkeit entspricht beim Landesgericht die Errichtung eigener Sektionen (Strafsektionen, Zivilsektionen).
Das Landesgericht hat seinen Hauptsitz in Bozen. Daneben bestehen Außenabteilungen des Landesgerichts in Brixen, Bruneck, Meran und Schlanders. Bestimmte Verfahren werden nur zentral abgewickelt, wie etwa - im Zivilrecht - Trennungs- und Scheidungsverfahren, Arbeitsstreitigkeiten, Immobiliarvollstreckungen, bzw. - im Strafrecht - der Verfahrensabschnitt vor dem Richter für die Vorerhebungen.
Das Zivilgericht
Die Zivilsektionen des Landesgerichts sind für die Entscheidungen im Bereich des Privatrechts zuständig. Hierzu zählen z.B. Streitigkeiten über Eigentumsrechte, Vertragsverhältnisse, Erbansprüche, aber auch Familien-, Gesellschafts-, Wettbewerbsrecht usw. Für bestimmte bedeutende Bereiche sind beim Landesgericht spezialisierte Sektionen eingerichtet, wie jene für Arbeits- und jene für Agrarstreitigkeiten.
Während also die zivile Gerichtsbarkeit sich grundsätzlich um Rechtsstreitigkeiten im Bereich des bürgerlichen Rechts kümmert und nur dann tätig wird, wenn eine Partei das Gericht durch Zustellung einer Klage oder Einbringung eines Rekurses anruft, hat die Strafgerichtsbarkeit grundlegend andere Aufgaben.
Das Strafgericht
Strafverfahren dienen der Ahndung von Straftaten, und somit im weiteren Sinne der Verbrechensbekämpfung. Sie werden auf Veranlassung des Staatsanwaltes eingeleitet, welcher den Staat als Kläger vertritt. In den meisten Fällen kann der Staatsanwalt von Amtswegen tätig werden. Nur bei Straftaten von geringerem öffentlichen Interesse ist für die Eröffnung eines Verfahrens auch ein Impuls seitens eines Privaten notwendig, und zwar in Form eines Strafantrages.
Im Zuge zahlreicher Reformen der letzten Jahre hat sich zunehmend die Gestalt des Einzelrichters durchgesetzt, während nur mehr Entscheidungen von größerer Tragweite von einem Richterkollegium entschieden werden. Auch wurden anlässlich dieser Reformen verkürzte Verfahren sowie die Strafzumessung auf Antrag des Angeklagten eingeführt, welche eine Vereinfachung des Prozessablaufes bei Minderung des Strafausmaßes bewirken.
Eine Sonderstellung nimmt bei der Strafgerichtsbarkeit das Schwurgericht ein, bei welchem die Berufsrichter von ad hoc ernannten Bürgern flankiert werden und somit den Urteilsspruch "in Vertretung des Volkes" fällen.
Beim Jugendgericht handelt es sich um eine autonome, spezialisierte Gerichtsbehörde, mit den Funktionen einer Gerichtsbehörde erster Instanz für alle Straf- Zivil- und Verwaltungsverfahren, die Minderjährige (unter 18 Jahre) betrifft.
Der Gerichtssprengel fällt mit dem des Oberlandesgerichts oder der Sektion des Oberlandesgerichts zusammen, unter der das Landesgericht eingerichtet ist.
Das Jugendgericht setzt sich zusammen aus einem Richter des Oberlandesgerichts, der den Vorsitz führt, einem Richter des Landesgerichts und zwei Experten, die nicht dem Richterkollegium angehören. Es hat Zuständigkeiten in Zivilrechts-, Strafrechts- und Verwaltungsverfahren für
- Strafhandlungen, die von Minderjährigen im Gerichtssprengel verübt wurden,
- die Anwendung von Wiedereingliederungsmaßnahmen für ortsansässige Minderjährige,
- die Ausübung des elterlichen Sorgerechts, der Vormundschaft, der Sachverwaltung, des Beistands, der Pflegekindschaft, der Adoption von Minderjährigen, die im Gerichtssprengel des Oberlandesgerichts ansässig sind.
Sowohl bei Zivil- als auch bei Strafverfahren besteht die Möglichkeit, gegen Entscheidungen des Richters erster Instanz Berufung einzulegen. Für die Berufungsentscheidung gegen Urteile des Landesgerichts Bozen ist in beiden Fällen die jeweilige Bozner Sektion des Oberlandesgerichts Trient (Externer Link) (bzw. das Schwurgericht beim Oberlandesgericht) zuständig.
Der Kassationsgerichtshof (Externer Link) ist die höchste richterliche Instanz und versichert die korrekte Anwendung und die einheitliche Auslegung der Rechtsvorschriften. Zudem löst er die Zuständigkeitskonflikte, die Gerichtsbarkeitskonflikte und die Zuteilungskonflikte innerhalb der Richterschaft. In Zivil- und Strafrechtsverfahren ist der Kassationsgerichtshof für die Überprüfung der in den vorhergehenden Instanzen ergangenen Urteile zuständig, aber nur in Hinsicht auf die Verletzung oder falsche Anwendung von Rechtsvorschriften, also um festzustellen, ob das Gericht, das in der Sache selbst entschieden hat, das Gesetz korrekt ausgelegt und angewandt hat.
Er ist ein Kollegialorgan der ordentlichen Gerichtsbarkeit und ist in sog. "einfache" Sektionen unterteilt (sechs Strafsektionen, drei Zivilsektionen, eine für die Arbeitsstreitigkeiten). In Fällen von außergewöhnlicher Wichtigkeit entscheidet der Gerichtshof in vereinten Sektionen. Der Kassationsgerichtshof hat Sitz in Rom und ist für das gesamte Staatsgebiet zuständig.
Das Verwaltungsgericht (Externer Link) ist ein rechtsprechendes Organ zum Schutze der Bürger gegenüber der öffentlichen Verwaltung.
Jede endgültige verwaltungsrechtliche Maßnahme der öffentlichen Verwaltung kann mit Hilfe eines Anwalts innerhalb von 60 Tagen ab Veröffentlichung, Zustellung oder Kenntnisnahme derselben vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden, sofern diese Maßnahme für den Rekurrenten eine Verletzung eines vom Gesetz spezifisch geschützten Interesses, dem sogenannten "interesse legittimo", darstellt.
Im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist das Verwaltungsgericht die erste Instanz; die Berufung gegen dessen Urteile kann vor dem Staatsrat in zweiter Instanz erfolgen.
Generell gründet die Anfechtung vor dem Verwaltungsgericht auf folgenden Gründen: Unzuständigkeit, Befugnisüberschreitung und Gesetzesverletzung.
Vorwiegende Aufgabe des Verwaltungsgerichtes ist es, die Rechtmäßigkeit, das heißt die vorhandene oder mangelnde Übereinstimmung des vom Rekurrenten als verletzend empfundenen Verwaltungsaktes mit den gesetzlichen Bestimmungen zu überprüfen.
Auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 205/2000 entscheidet das Verwaltungsgericht auch über gestellte Schadensersatzansprüche.
Die Verwaltungsgerichte wurden mit dem Gesetz vom 6. Dezember 1971, Nr. 1034, eingeführt; das Verwaltungsgericht, Autonome Sektion für die Provinz Bozen wurde im Jahre 1989 eingesetzt und hat seinen Sitz in der Gerstburg in Bozen.
Der Staatsrat (Externer Link) ist ein Organ der Verwaltungsgerichtsbarkeit, das die Rechte und die vom Gesetz besonders geschützten Interessen der Bürger gegenüber der Öffentlichen Verwaltung schützt.
Beim Staatsrat in Rom wird in zweiter Instanz Berufung gegen die Urteile des Verwaltungsgerichtes eingelegt.
Dies muss, bei erfolgter Zustellung des Urteiles des Verwaltungsgerichtes, innerhalb von 60 Tagen erfolgen; wurde das Urteil erster Instanz hingegen nicht zugestellt, so hat der Rekurrent 13 Monate ab Hinterlegung des genannten Urteiles für die Berufung Zeit.
Der Staatsrat entscheidet mit endgültigem Urteil, und zwar ob die angefochtene Verwaltungsmaßnahme aufrecht bleibt, abgeändert oder aufgehoben wird.
Die acht Regionalen Wassergerichte in Italien sind Teil der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Diese Gerichte entscheiden in erster Instanz über Rekurse, die Streitigkeiten zum Thema Wasser als Demanialgut, die Abgrenzungen der Wasserläufe oder der Becken, die Wasserableitungen und die Nutzung der öffentlichen Gewässer, die zeitweilige oder endgültige Besetzung von Gründen und damit zusammenhängenden Entschädigungen zum Inhalt haben.
Gegen die Entscheidungen der Regionalen Wassergerichte kann Berufung beim Obersten Wassergericht eingelegt werden.
Das Oberste Wassergericht hat seinen Sitz in Rom.
Im Bereich der subjektiven Rechte entscheidet es in zweiter Instanz über Berufungen, die gegen die Entscheidungen der acht Regionalen Wassergerichte erster Instanz eingelegt wurden.
Im Bereich der vom Gesetz besonders geschützten Interessen, den so genannten "interessi legittimi", entscheidet es über Rekurse, die sich wegen Unzuständigkeit, wegen Befugnisüberschreitung und wegen Gesetzesverletzung gegen Verwaltungsmaßnahmen richten, die von Verwaltungsorganen im Zusammenhang mit der Materie der öffentlichen Gewässer erlassen wurden.
Außerdem entscheidet es über Rekurse, die die Errichtung von hydraulischen Anlagen sowie Fischereirechte betreffen.
Gegen die Entscheidungen der Obersten Wassergerichtes ist die Berufung an das Kassationsgericht möglich.
Das Verfassungsgericht (Externer Link) (Artikel 134-137 Verfassung) hat seinen Sitz in Rom und urteilt:
- über Streitigkeiten betreffend die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze und der Akten, die Gesetzeskraft haben, des Staates und der Regionen;
- über Streitigkeiten betreffend die Zuständigkeit zwischen den Gewalten des Staates und Streitigkeiten zwischen dem Staat und den Regionen und zwischen den Regionen,
- gemäß der Verfassung über die Anklagen, die gegen den Präsidenten der Republik erhoben werden.
Er setzt sich aus 15 Richtern und Richterinnen zusammen, die zu einem Drittel vom Präsidenten der Republik, zu einem Drittel vom Parlament in gemeinsamer Sitzung und zu einem Drittel von den obersten ordentlichen Gerichten und Verwaltungsgerichten bestellt werden. Sie bleiben für neun Jahre im Amt und können nicht wiedergewählt werden.
Wenn das Verfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Bestimmung oder eines Aktes mit Gesetzeskraft erklärt, verliert die Bestimmung ihre Wirksamkeit vom Tage nach der Veröffentlichung der Entscheidung.
Gegen die Entscheidungen des Verfassungsgerichtes ist keine Anfechtung zulässig.
Der Rechnungshof (Externer Link) ist ein Organ mit verfassungsrechtlicher Relevanz, autonom und unabhängig von den anderen Gewalten des Staates, dem die Verfassung wichtige Kontroll- (Artikel 100 der Verfassung) und Rechtsprechungsfunktionen (Artikel 103 der Verfassung) zuschreibt. Die Kontrollfunktionen unterscheiden sich in Vor- und Nachkontrolle der Akten, die von Organen der öffentlichen Verwaltung erlassen werden.
Die rechtsprechenden Funktionen des Rechnungshofes betreffen die verwaltungsrechtliche und buchhalterische Verantwortung sowie die Pension.
Die verwaltungsrechtliche Verantwortung bezieht sich auf jene vermögensrechtlichen Inhalts von Verwaltern oder öffentlichen Angestellten für die Schäden, die sie gegenüber der Körperschaft im Rahmen oder anlässlich des Arbeitsverhältnisses verursacht haben. Die Feststellung der Verantwortung bringt die Verurteilung zum Schadenersatz zu Gunsten der geschädigten Verwaltung mit sich. Der Rechnungshof hat außerdem seit seiner Errichtung mit Gesetz vom 14. August 1862, Nr. 800, rechtsprechende Funktionen im Sachbereich der Verfahren betreffend die Rechnungslegung der so genannten Rechnungsbeamtinnen und -beamten und im Bereich der buchhalterischen Verantwortung.
Was die Verfahren betreffend Pensionsstreitigkeiten betrifft, ist der Rechnungshof zuständig für Verfahren in Bezug auf Zivil-, Militär- und Kriegsrenten, für jene, die ganz zu Lasten des Staates sind, und für jene, die zu Lasten der Fürsorgeinstitute gehen, die in das Nationale Fürsorgeinstitut für Angestellte der öffentlichen Verwaltung (NFAÖV) eingeflossen sind. Die Streitigkeiten können sowohl den Rechtsanspruch auf die Pension als auch ihr Ausmaß zum Gegenstand haben. Der Rechnungshof urteilt auch in Bezug auf die Rechtsmäßigkeit der Wiedergewinnung, die von der Körperschaft in Bezug auf die als Pensions- und Zusatzkasse ausbezahlte Summe verfügt worden ist.
Das Personal des Rechnungshofes setzt sich aus Richtern und Richterinnen sowie Verwaltungsangestellten zusammen.
Die Steuerkommissionen sind unterteilt in provinziale Steuerkommissionen, die ihren Sitz in der Hauptstadt der Provinz haben, und in regionale Steuerkommissionen, die ihren Sitz in der Hauptstadt der Region haben. Während die ersten für die Verfahren ersten Grades zuständig sind, sind die zweiten für die Verfahren zweiten Grades beziehungsweise für die Anfechtungen der Entscheidungen der provinzialen Steuerkommissionen zuständig. Sie haben die Aufgabe, die Streitigkeiten zu lösen, die sich zwischen den Steuerzahlenden und dem Fiskus ergeben haben. Die Zuständigkeit ist sehr weitreichend und umfasst Abgaben jeglicher Art, einschließlich jene auf regionaler, Landes- und Gemeindeebene, Streitigkeiten katastraler Natur und jene hinsichtlich der Gemeindesteuer oder -gebühr auf die Werbung und die Abgaben auf öffentliche Anschläge.
Die Steuerkommission besteht aus Angehörigen des Richterstandes, die im Dienst sind oder sich im Ruhestand befinden, sowie aus Führungskräften des Staates. Sie werden mit Dekret des Präsidenten der Republik auf Vorschlag des Ministers für Wirtschaft und Finanzen und mittels Beschluss des Rates des Präsidiums der Steuerjustiz ernannt.
Das Friedensgericht entscheidet über Zivilstreitigkeiten geringen Ausmaßes und über spezifische Angelegenheiten straf- und verwaltungsrechtlicher Natur.
Im zivilrechtlichen Bereich entscheidet es über Verfahren bezüglich beweglicher Sachen, die 2.582,28 Euro nicht überschreiten und über Verfahren betreffend den Ersatz von Schäden, die durch den Kraft- und Wasserfahrzeugverkehr verursacht worden sind, wenn der Streitwert 15.493,71 Euro nicht überschreitet.
Der Friedensrichter/Die Friedensrichterin hat auch auf Antrag der betroffenen Parteien eine versöhnende Funktion; hier ist keine Wertgrenze gesetzt und sie betrifft alle Bereiche mit Ausnahme jener, die in die ausschließliche Zuständigkeit von anderen Gerichten fallen, wie etwa im Fall von Arbeitsstreitigkeiten oder Ehesachen. In diesem Fall stiftet das Friedensgericht Frieden; anwaltlicher Beistand ist nicht notwendig.
Im verwaltungsrechtlichen Bereich ist der Friedensrichter/die Friedensrichterin für Widersprüche gegen Verwaltungsstrafen bis zu 15.493,71 Euro zuständig. Dem Landesgericht vorbehalten bleibt jedenfalls die Entscheidung über Widersprüche gegen Verwaltungsstrafen in den folgenden Sachbereichen:
- Arbeitsschutz,
- Hygiene am Arbeitsplatz und Vorbeugung von Arbeitsunfällen,
- obligatorische Vor- und Fürsorge,
- Urbanistik und Wohnbau,
- Schutz der Umwelt vor Verschmutzung, der Flora, der Fauna und der geschützten Gebiete,
- Hygiene von Lebensmitteln und Getränken,
- Gesellschaften und Finanzvermittler,
- Steuer und Wechsel.
Im strafrechtlichen Bereich sind die Friedensgerichte für einige weit verbreitete strafbare Handlungen zuständig, und zwar
- gegen die Person, wie Verletzungen und Beschädigungen, unterlassene Hilfeleistung,
- gegen die Ehre, wie Beleidigung und Verleumdung,
- gegen das Vermögen, wie Beschädigung und unbefugtes Betreten fremden Bodens.
Bei Verurteilung wendet das Friedensgericht keine Haftstrafe an, nur Geldstrafen. In schwerwiegenden Fällen kann es allerdings die Strafe des Hausaufenthaltes oder – auf Antrag des/der Angeklagten – die Strafe der gemeinnützigen Arbeit verhängen.
Der Friedensrichter/Die Friedensrichterin ist ehrenamtlich tätig und übt in dieser Funktion vorübergehend rechtsprechende Funktionen aus. Die Amtszeit beträgt vier Jahre und kann für ein zweites Mandat für vier Jahre und für ein drittes Mandat für vier Jahre bestätigt werden, es sei denn, die Tätigkeit des Richters/der Richterin endet wegen Erreichens des 75. Lebensjahres.