Stauanlagen

Südtirol ist ein überaus wasserreiches Land. Seit jeher nutzt man diese wertvolle Ressource, deren Nutzung auch eine Berücksichtigung von möglichen Gefahren erfordert. Stauanlagen, also Staudämme und Stauwehre sind Ausdruck zweier Seiten einer Medaille: zum einen sind sie wichtige Instrumente zur Regelung des Wasserabflusses, zum anderen ermöglichen sie eine sinnvolle Nutzung des Wassers für die Stromerzeugung, die Bewässerung, die Frostschutzberegnung, die Beschneiung, aber vor allem als Trinkwasser. Letztere Nutzung hat heute einen gesetzlich festgeschriebenen Vorrang vor allen anderen.

Zu den ältesten Stauanlagen in Südtirol zählen zwei Steinsperren in Ridnaun und Martell aus dem 19. Jahrhundert. Die Marteller Sperre diente dem Schutz vor Ausbrüchen von Gletscherseen, jene in Ridnaun zum Hochwasserrückhalt. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und darüber hinaus wurden vor allem Stauanlagen zur hydroelektrischen Nutzung gebaut. Heute gibt es fast 800 Wasserkraftwerke in Südtirol, ihre Gesamtleistung beläuft sich auf weit über 5000 GWh/Jahr. Großteils neueren Datums sind Speicherbecken, in denen Wasser für die künstliche Beschneiung der Skipisten gesammelt wird. Bewässerungs-, Frostberegnungs- und Löschwasserspeicher runden das Südtiroler Gesamtbild ab.

Gesetzlich geregelt ist der gesamte Bereich der Stauanlagen und Speicher durch das Südtiroler Landesgesetz vom 14. Dezember 1990, Nr. 21. Mit diesem Gesetz wurde innerhalb der ursprünglichen Landesabteilung Wasserschutzbauten ein eigenes Amt mit der Zuständigkeit der Bau- und Betriebsaufsicht über Stauanlagen geschaffen.

Die Kompetenzen des genannten Amtes sind in weiterer Folge dem Amt für Hydrologie und Stauanlagen der Agentur für Bevölkerungsschutz übertragen worden. Die wichtigste Aufgabe verbleibt darin, die Sicherheit der unterhalb der Staubecken lebenden und arbeitenden Bevölkerung zu gewährleisten. Im Detail heißt dies, dass dieses Amt:

  • die Projekte zum Bau von Wasserrückhaltebecken und -speichern begutachtet und genehmigt;
  • den Bau und den Betrieb dieser Bauwerke beaufsichtigt;
  • die Einhaltung aller Normen durch Betreiber, Projektanten, Bauleiter und Baufirmen überwacht;
  • Planer, Baufirmen und Betreiber beratet;
  • landeseigene Becken projektiert, baut, kontrolliert und instand haltet;
  • die Zivilschutzaufgaben im Bereich der Stauanlagen wahrnimmt.

In den Zuständigkeitsbereich des Landes fallen dabei kleine Stauanlagen, welche eine Staudammhöhe von 15 Metern oder ein Stauvolumen von einer Million Kubikmetern nicht überschreiten. Größere Anlagen liegen in der Zuständigkeit des Staates (allerdings nimmt das Land auch hier wichtige Kontroll- und Verwaltungsaufgaben wahr). Kleinste Stauanlagen mit einem Volumen von weniger als 5000 Kubikmetern sind hingegen Kompetenz der Gemeinden. Diese können auf die statische, geotechnische und hydraulische Beratung durch die Stauanlagen-Experten der Agentur für Bevölkerungsschutz zurückgreifen.

Wie bereits erwähnt, sind Stauanlagen wichtige Instrumente zur Regulierung der Wassermengen in Bächen und Flüssen. Deshalb kommt ihnen im Hochwasserfall eine besondere Rolle zu. Kündigt sich etwa ein Hochwasser an, so kann der Wasserspiegel in ausgewählten Speicherbecken im Vorfeld gezielt abgesenkt werden, um so Speicherkapazität zu schaffen und nachfolgend auf den talseitigen Wasserabfluss einwirken zu können.