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Die neuen Medien im Dienst der Sprachen

Die Sprachenmediothek Meran zeigt ihr Angebot einem breiten und interessierten Publikum

Ein neugieriges und interessiertes Publikum hat am vergangenen Freitag und Samstag die Sprachenmediathek am Sandplatz in Meran bevölkert, um die neuen Angebote und Methoden zum Sprachenerwerb mittels neuer Medien kennen zu lernen. Die beiden Tage standen unter dem Motto „When languages meet the media“.
Besonders zahlreich waren die Klassen, wobei die Kindergärten genauso vertreten waren wie die Oberschüler; mehr als 500 personen aller Sprachgruppen und Rassen besuchten die Mediothek am Freitag, mehr als 100 waren am Samstag beim open forum dabei. Sie alle interessierten sich für die neuen Angebote der Produzenten, Verleger und Experten.
Die Veranstaltung war vom Amt für Zweisprachigkeit und Fremdsprachen der Provinz Bozen organisiert worden, um diese Struktur – die erste auf Sprachen spezialisierte Mediothek Italiens – offiziell vorzustellen. In der Mediothek Meran gibt es multimediales Sprachenmaterial für das autonome Erlernern von mehr als zehn Sprachen. Außerdem stehen muttersprachliche Tutoren zur Verfügung, welche „maßgeschneiderte" Lehrgänge empfehlen.
Am Freitag, 17. Oktober begann der Besuch in der Mediothek im Media Lab, wo über einen Schnelltest die Kenntnisse der deutschen, italienischen, englischen, französischen oder spanischen Sprache festgestellt werden konnte. Hier war es auch möglich, das Eldit kennen zu lernen, das neue deutsch-italienische on-line Wörterbuch der Europäischen Akademie, das mit der finanziellen Unterstützung der Landesverwaltung herausgebracht wurde. Eldit ist vor allem für jene gedacht, welche die Zweisprachigkeitsprüfung bestehen wollen.
Gleich daneben konnte die Zeitschriftenabteilung besucht werden, wo zahlreiche Zeitungen und Magazine aus der ganzen Welt aufliegen oder on-line gelesen werden können.
Das Hauptaugenmerk dürfte aber vielleicht doch dem „Kids’ corner“ gegolten haben. Diese Kinderecke wurde im Rahmen der Veranstaltung eröffnet. Hier können die Kleinen mit kuscheligen und kunterbunten Dingen spielen und gleichzeitig kindergerechte Computer benutzen. Anlässlich der Eröffnung konnte spezifische Software ausprobiert werden, welche den Sprachenerwerb auf spielerische Weise ermöglichen, was für die Kinder ausgesprochen interessant und Erfolg versprechend ist.
Im „Dream Box“ betitelten Vorführraum, wo von Zeit zu Zeit auch Filme in Originalsprache vorgeführt werden, konnte man die Geschichte der 50 besten Videospiele kennen lernen, die seit 1966, als „Space wars“ entwickelt wurde, auf den Markt kamen. Am stärksten vertreten war dabei die Zeit zwischen 1980 und 1985, die „goldene Zeit“ der Videospiele. Der von „Opificio Ciclope Bologna“ realisierte Film, war in gewisser Weise auch eine optische Weltreise.
Im Zeitraum von einer Minute sprachen verschiedene Leute über „ihre“ Videospiele. Vertreten waren dabei nicht nur Experten, sondern auch einfache Spielnarren, vom finnischen Sammler über den griechischen Taxifahrer zu mehr oder weniger exzentrischen Personen aus der engeren Heimat. Space wars wurde an einem prestigereichen Ort nämlich dem MIT (Massachusetts Institute for Technology) entwickelt. Andere Spiele sind hingegen der Fantasie junger, genialer Autoren wie beispielsweise Matthew Smith entsprungen. Smith war auch „Spectrum Diamond – The myth and the legend of Matthew Smith“, der zweite in der „Traumschachtel“ gezeigte Film, gewidmet.
Im angrenzenden Raum („Interaction“) gab es die Möglichkeit, die allerneuesten und fortschrittlichsten Produkte auszuprobieren, welche im „Demo-Saal“ gleich daneben und in der Kinderecke vorgestellt wurden. Dafür stand in dem großen Saal eine lange Reihe von Computern mit unzähligen Sprachprogrammen zur Verfügung.
Deutsch konnte man beispielsweise beim Schachspielen lernen, oder indem Krimis aufgeklärt wurden oder auch bei multimedialisierten, traditionellen Spielen. Spanisch konnte in einer virtuellen Klasse erlernt werden und ihre Französischkenntnisse konnten die Besucher anhand von geflügelten Wörtern oder beim Surfen auf französischen Websites vertiefen. In englischer Sprache lockten farbenfrohe Videospiele mit kleinen Tieren, die Englisch sprechen, es war aber auch möglich, die Geschichte vom kleinen Mowgli und seinen Dschungelfreunden in ein Theaterstück umzuwandeln.
Für die bereits genannten Sprachen und für viele andere wurde ein Spaziergang durchs Web vorgeschlagen um im Tandem, besser gesagt im e-tandem, zu lernen und sich dabei gegenseitig anzuspornen und zu korrigieren. Diese Methode wird seit langem angewandt und findet nun dank der neuen Technologien neuen Aufschwung. Vorgestellt wurde auch ein mehrsprachiges Ton-Wörterbuch, das in den Kindergärten und Volksschulklassen von Cremona, Scandolara Ravara und Reggio Emilia, mit der außergewöhnlichen Beteiligung von griechischen und französischen Kindern entwickelt wurde. Zurzeit sind hauptsächlich die Sprachen jener Kinder vertreten, welche diese Schulen besuchen, das Projekt soll aber ausgeweitet werden.
Und das war noch nicht alles: Tonaufnahmen historischer Persönlichkeiten ließen große Momente der Geschichte der letzten Jahrzehnte wiederaufleben, es war möglich die kabellose Technologie kennenzulernen und die von EvolutionBook Rom vorgestellten elektronischen Bücher, die nicht größer als eine Handfläche sind. Diese neue „Buchdrucktechnik“ hat nicht den Anspruch, das traditionelle Lesen abzulösen, möchte aber mit allen Möglichkeiten die ein Hypertext bietet, neben einem normalen Buch bestehen können.
Am Samstag 18. Oktober gab es denn auch ein Open Forum zum Fremdsprachenerwerb, an welchem Referenten von höchstem Niveau teilnahmen, die das Amt für Zweisprachigkeit und Fremdsprachen der Provinz Bozen eingeladen hatte. Sie gaben Einblick in den aktuellen Stand auf ihrem Sektor.
Nach den offiziellen Grußworten, in denen darauf hingewiesen wurde, dass Kultur in erster Linie Dialog ist und dass die Sprachen das dafür notwendige Instrument sind, begann die von Siegfried Baur (Universität Klagenfurt und Bozen/Brixen) moderierte Tagung. Baur kann seinerseits auf eine lange Erfahrung im Bereich der Sprachendidaktik verweisen.
Erste Rednerin war Caterina Cangià, Dozentin an der „Pontificia Università Salesiana“ von Rom, sowie Gründerin und Direktorin der „Bottega d' Europa“, einem innovativen Theaterlabor, das ausgehend vom Unterrichtskonzept der antiken Lehrmeister die neuen Technologien in den Dienst des Sprachenerwerbs stellt. Caterina Cangià („Fremdsprachen und Sprachen zwischen Multimedialität und Didaktik“) zeigte auf, wie begeisternd die Synergien von Computern und Theater auf Kinder jeglicher Altersstufe wirken.
Die interaktive Multimedialität erleichtert die Auffassung. Der Computer muss dabei aber pluralistisch genutzt werden, also von einer Gruppe von Kindern oder Jugendlichen als Teil einer breit angelegten Aktivität. Das Theater ermöglicht in diesem Fall die Schaffung eines Kontextes, es schafft eine reale und enorm stimulierende Situation zum Erlernen der Sprache.
Der Fachjournalist und Experte Stefan Michaelis aus Hannover („Lernen heute – lernen von gestern?“) erläuterte die derzeit in Deutschland verfügbare Software zum (autonomen) Sprachenerwerb und zeigte dabei auch deren Mängel auf. Wenn auf der einen Seite die immer stärker verspürte Notwendigkeit zum Fremdsprachenerwerb die Wichtigkeit des Internet und noch mehr der Software für ein korrektes Lernen unterstrichen habe, so sei es auf der anderen Seite noch immer selten, dass dieselben Medien beim Unterricht in der Muttersprache zum Einsatz kommen. Didaktische Software habe dabei immer eine Einschränkung was die Kommunikation angeht, da Sprache und Sprechen den Menschen vorbehalten bleibe, der durch keinen Computer ersetzt werden könne, erklärte Michaelis.
Pier Cesare Rivoltella von der „Università Cattolica del Sacro Cuore“ in Mailand („Media educator und neue Technologien“) erinnerte daran, dass Medien und Technologien heute dieselben Funktion haben, die in einem früheren Kontext der Schrift zukam. Er untersuchte die Veränderungen die in Schule, Kultur und Gesellschaft vor sich gehen und stellte fest, dass heute alles nach den Regeln von „Markt“, „Autonomie“ und „Qualität“ passiert.
Er charakterisierte außerdem die Funktion des Media educator als die eines Erziehers, der imstande sei, alle Medien und Technologien für das Lernen einzusetzen.
Johann Drumbl, Rektor ad interim der Universität Bozen, lud in seinen Schlussworten dazu ein, neben den „neuen Medien“ auch die Wichtigkeit der so genannten „alten Medien“ nicht zu vergessen und betonte seine Überzeugung, dass Filme in Originalsprache weiterhin wichtig seien.
Abschließend wurden die Diplome für den dritten Spezialisierungskurs als Media educator der „Università Cattolica“ von Mailand übergeben. Dass dies in Meran geschah, betont die intensive Zusammenarbeit, die noch weiter wachsen soll. Die unterschiedliche Ausrichtung der Kursbesucher (von Sprachen über Recht zu Pädagogik) zeigte dabei nicht zuletzt die große Palette der Möglichkeiten auf welche Multimedia und Sprachen verbindet.
newmedia

Datum: 17.10.2003 - 18.10.2003