Archivale des Monats

Deutsch- und ladinischsprachiges Fernsehen in Südtirol

Sitz der RAI am Bozner Mazziniplatz, Ende der 70er Jahre (Bildarchiv Sammlung Schlern-Verlag, Nr. 888).

Am 12. Juni 1973 gewährte die italienische Regierung unter Ministerpräsident Giulio Andreotti der Provinz Bozen den bis dahin nicht geregelten Empfang von Fernsehprogrammen aus dem Ausland. Zugleich erkannte sie das Recht auf eigene ladinischsprachige Programme an und sah die Stelle eines „Verantwortlichen Koordinators“ für die Programme in deutscher Sprache vor. Mit den Rundfunkanstalten ORF, ZDF, SRG und ARD konnten Beauftragte der Südtiroler Landesregierung in der Folge jeweils Vereinbarungen zum gebührenfreien Empfang ihrer Programme abschließen. 

1974 wurde Franz von Walther zum ersten Koordinator der deutschen Sendungen ernannt. Durch eine restriktive Auslegung der Durchführungsbestimmungen zum Autonomiestatut erstreckte sich seine Zuständigkeit nicht auf alle deutschsprachigen Sendungen, sondern lediglich auf „örtliche künstlerische, kulturelle und bildende Veranstaltungen und Tätigkeiten“. Ein Umstand, der noch im Jänner 1980 von Landeshauptmannstellvertreter Alfons Benedikter in einem Bericht zum Stand der Durchführungsbestimmungen beanstandet wurde. Eine immer wieder geforderte Richtlinienkompetenz bzw. die Rolle eines regionalen Intendanten sollte von Walther erst 1990 unter dem RAI-Direktor Carlo Corazzola erhalten.

Ein wichtiger Knack- und Reibepunkt waren in der Folge die Personalfragen. Sie gaben laufend Anlass zu zähen Verhandlungen mit RAI und Post- und Telekommunikationsministerium, da die Programmgestaltung durch das Personal der jeweiligen Sprachgruppe erfolgen sollte. Ein eigener Stellenplan für den Sender Bozen und eine Personalaufstockung sollten die Qualität verbessern. Erleichterung brachte die Tatsache, dass mit 15. April 1991 die Gestaltung und Ausstrahlung des Lokalteils der wichtigsten Nachrichtensendung, der „Tagesschau“, von Rom nach Bozen verlegt wurde.

Gefeilt wurde zudem immer wieder an den Sendezeiten, zumal sich diese im 2. nationalen Programm der RAI mit den italienischen Sendungen überschnitten und diese unterbrochen wurden. Ein reger Telegramm- und Telexverkehr zeugt von Ausnahmeregelungen bei Übertragungen von Fußball- oder Tennismeisterschaftsspielen und Wahlsendungen.
Um in Südtirol den „zeitgleichen Empfang der Hörfunk- und Fernsehsendungen ausländischer Hörfunk- und Fernsehanstalten aus dem deutschen und ladinischen Kulturraum“ zu ermöglichen, wurde die Provinz Bozen ermächtigt, ein geeignetes „Netz zu errichten und zu betreiben“.
Dieser Vorgabe kam die mit Landesgesetz Nr. 16 vom 13. Februar 1975 gegründete Rundfunk- und Fernsehanstalt Südtirol (RAS) nach, die eng mit der RAI zusammenarbeiten sollte. Ihre Umsetzer wurden in Südtirol – auch um den bis dahin vorherrschenden Wildwuchs einzudämmen – soweit möglich auf denselben Sendemasten angebracht. So konnte das Land beim Bau des Fernsehnetzes kosten- und zeitsparend auf die bereits bestehende RAI-Infrastruktur zurückgreifen und neue Umsetzer für jene Gebiete errichten, die von der RAI noch nicht versorgt waren. Umgekehrt konnte die RAI sich der Provinzanlagen bedienen und ihr Versorgungsgebiet ausweiten.

Sah die Konvention zwischen Staat, Autonomer Provinz und RAI für die „Tagesschau“ zwar noch länger Schwarzweißfilmberichte vor, so ermöglichte schon bald der neueste Stand der Technik farbige Bilder.
Der Auftrag von RAI-Südtirol – vormals Sender Bozen – fußt bis zum heutigen Zeitpunkt auf der Durchführungsbestimmung von 1973 zum Autonomiestatut und einer Konvention, die periodisch novelliert wird.

mp

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