Kormoran

Europaweiter Schutz führte zu starker Vermehrung

In den 60er Jahren war der Kormoran in Mitteleuropa fast verschwunden und wurde erst in den 70ern unter Schutz gestellt. In weiterer Folge ist ein rascher Anstieg der Populationen seit den 1980er Jahren zu beobachten. Im Jahr 1995 wurde der „günstige Erhaltungszustand“ anerkannt und 1997 wurde der Kormoran aus Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie gestrichen und damit der Schutzstatus gesenkt. Denn mittlerweile gefährdet der fischfressende Vogel viele Fischpopulationen der Fließgewässer des europäischen Festlandes.

Kormoran auf dem See

Der Kormoran in Südtirol

In Südtirol gehört der Kormoran nicht zu den Brutvögeln und ist hier überwiegend als Wintergast anzutreffen. Er zieht im Herbst aus den großen Brutgebieten in Nordeuropa nach Mittel- und Südeuropa. Seit rund 15 Jahren ist der Kormoran zwischen November und April mit etwa 50-150 Individuen präsent. Anfangs hielten sich die Gruppen an den Hauptflüssen, insbesondere an Etsch zwischen Meran und Salurn und unterem Eisack sowie am Kalterer See auf.  Die Vögel sammelten sich abends an wenigen Schlafbäumen an der Etsch. In den letzten Jahren weitete sich das Vorkommen auf weitere Gewässer aus: Passer, Rienz und Ahr werden nun tagsüber regelmäßig befischt. Die Zahl der Schlafbäume ist auf ein Dutzend angewachsen.

Einfluss auf die Fischfauna

Die Fließgewässer der Provinz Bozen sind stark reguliert und durch menschliche Aktivitäten geprägt. Die Errichtung von Flussverbauungen in den letzten Jahrzehnten hat den geeigneten Lebensraum und die Wandermöglichkeiten vieler Fischarten stark eingeschränkt. Wasserkraft und Stauraumspülungen beeinträchtigen die Entwicklung der Fische. Nun ist zu den bestehenden Belastungen ein ernst zu nehmender Gegenspieler dazugekommen.

 

Der Kormoran ernährt sich ausschließlich von Fischen und hat unter anderem aufgrund seiner Größe einen geschätzten Nahrungsbedarf von etwa 400 bis 500 Gramm Fisch pro Tag. Das bedeutet, dass die Anwesenheit von 100 Vögeln, einen täglichen mittleren Fischverbrauch von annähernd 50 Kilogramm zur Folge hat. In der Regel bilden unsere Fließgewässer mit geringer bis mittlerer Wasserführung nicht das typische Habitat für den Kormoran als ausgesprochenen Taucher. Erst mit der Zunahme der Populationen gelangte der Kormoran in kleinere Gewässersysteme, wo sein Einfluss auf die Fischfauna ungleich größer ist als in großen Gewässern. Dabei geraten vor allem autochthone Salmoniden, welche bereits durch andere Ursachen gefährdet sind, in Schwierigkeiten. In Südtirol betrifft dies insbesondere gefährdete Fischarten wie die Marmorierte Forelle, welche gemäß Flora-Fauna-Habitat Richtlinie der EU einen besonderen Schutzstatus einnehmen.

Wenige Jahre nach Auftreten des Kormorans an der Etsch ist die Fischbiomasse dort völlig zusammengebrochen und die Salmoniden konnten sich bis heute nicht erholen. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich nun an kleineren Gewässern ab, insbesondere in der Rienz und auch in der Ahr.

Das Monitoring des Kormorans

Der Landesforstkorps führt eine wöchentliche Zählung an allen bekannten Schlafbäumen durch, womit man einen guten Überblick über die Kormoranpräsenz in Südtirol hat. Innerhalb der letzten Jahre hat sich die mittlere Kormoranzahl stetig erhöht: Lag sie im Winter 2015/16 noch bei rund 50 Vögeln, so erreichte sie 2017/18 rund 80 Kormorane und lag im Winter 2019/20 bei deutlich über 100 Stück.

 

Maßnahmen zum Schutz der heimischen Fischarten

Mit Dekret des zuständigen Landesrates wurden in Vergangenheit immer wieder Abschüsse durch Aufsichtsorgane genehmigt, um die Kormorane von den sensibelsten Fischgewässern zu vergrämen. Der Erfolg bei Erlegung einer geringen Anzahl von Kormoranen ist bescheiden: In der Regel verlagert sich das Problem lediglich in andere Gewässer. Solange die Ursache nicht behoben ist, werden Marmorierte Forelle und Äsche der Prädation ausgesetzt bleiben, bis die Bestände kaum mehr regenerationsfähig sind. Die künftige Ausrichtung des Managements möchte sich danach orientieren, jene Kormoranzahl zu halten, welche mit den genannten Beute-Fischarten in den einzelnen Gewässern in einem Gleichgewicht zu bleiben vermag.