Archivale des Monats

Juni 2014: Die Urbare des Heilig-Geist-Spitals zu Bozen

Archiv des Heilig-Geist-Spitals Bozen

Archiv des Heilig-Geist-Spitals Bozen

Archivale des Monats Juni ist ein Urbar des Bozner Heilig-Geist-Spitals von 1570, ein systematisches Verzeichnis der spitalseigenen Güter und der daraus fließenden Abgaben.
Das Spital wurde 1271 von einer Heilig-Geist-Bruderschaft nahe der Mariepfarrkirche an der Stelle eines älteren Armenhauses errichtet. Daneben entstanden die Spitalskirche und weitere Wohn- und Wirtschaftsgebäude.
Schon bald nach der Gründung verfügte das Spital über umfangreichen Güterbesitz, den es durch großzügige Zuwendungen von Bürgern und durch Kauf erworben hatte. Zusätzlich erhielt es Förderungen durch den bischöflichen Stadtherrn und die Tiroler Landesherren. Die Verwaltung des Spitals oblag einem Spitalmeister und den Spitalverwesern. Die Hauptaufgabe des Spitals war die Versorgung der Armen, Kranken und Geisteskranken, aber auch die Verpflegung von fahrendem Volk, Obdachlosen, Wöchnerinnen und Waisenkindern; pflegebedürftige und alte Personen konnten sich im Spital einpfründen. Außerdem musste das Spital für die Verpflegung durchziehender Truppen aufkommen sowie verwundete Soldaten aufnehmen.
Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts ging die Führung des Spitals von der Bruderschaft an die Bürgerschaft über, die von da an den Spitalmeister bestellte. Ab dem 16. Jahrhundert wurde die Einrichtung vermehrt von der Obrigkeit kontrolliert und musste in regelmäßigen Abständen Rechnungsbücher und Urbare an die landesfürstlichen Behörden nach Innsbruck übersenden.
Im 18. und 19. Jahrhundert endete die wirtschaftliche Blütezeit des alten Spitals, das als nicht mehr zeitgemäß betracht wurde. Zwischen 1854 und 1859 wurde westlich des alten Spitals ein neues Spitalsgebäude errichtet - heute Sitz der Freien Universität Bozen. Das alte Spital wurde in den späten 1880er Jahren teilweise abgebrochen und an seiner Stelle das Gebäude des Post- und Telegraphenamtes errichtet. Mit dem Abriss des alten Spitalgebäudes begann die Odyssee des Spitalarchives: Ein Teil, vor allem Inventare, wurden dem Stadtarchiv Bozen übergeben. Ein Urbar von 1420 gelangte Ende des 19. Jahrhunderts als Geschenk an das Tiroler Landesarchiv. Ein umfangreicher Urkundenbestand ging in privaten Besitz über und konnte erst in den 1920er Jahren den Beständen des Stadtarchivs angegliedert werden. Ein weiterer großer Teil, vornehmlich Urbare (16.-19. Jahrhundert) und Rechnungen (16.-20. Jahrhundert), übernahm Mitte des 19. Jahrhunderts die Verwaltung des neu erbauten städtischen Spitals, das den Bestand 1943 dem Bozner Staatsarchiv übergab. Dieses trat den Bestand 1986 dem neu gegründeten Südtiroler Landesarchiv ab.

Evi Pechlaner

PT

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