Archivale des Monats

Pius Fidelis Graf von Wolkenstein wird zum Kommissar für die Wahl zum Großen Ausschusskongress ernannt (1816)

Bestand Wolkenstein-Toblino, Nr. 293

Wolkenstein-Toblino, Nr. 293

Noch während sich Mitte Oktober 1813 bei Leipzig das weitere Schicksal Napoleons entschied, wurden jene Teile Tirols, die ab 1810 zum Königreich Italien geschlagen worden waren von österreichischen Truppen eingenommen und wieder dem Kaisertum Österreich angegliedert. Vorarlberg und die restlichen Gebiete Tirols, die unter bayerischer Herrschaft gestanden hatten, fielen erst im Juni 1814 endgültig an das Habsburgerreich zurück.
Doch die Wiedervereinigung des Landes Tirol, das ab April 1815 den Namen „gefürstete Grafschaft Tirol“ trug, hatte für die Bevölkerung Tirols einen bitteren Beigeschmack. Franz I. verweigerte den Tirolern nämlich trotz Petitionen unter Verweis auf die Treue ihre zum angestammten Herrscherhaus ihr vordem geübtes Selbstbesteuerungs- und Selbstverteidigungsrecht.
Obwohl die ständische Verfassung mit Patent vom 24. März 1816 wieder eingeführt worden war, verfügte der im Frühjahr 1816 gewählte Innsbrucker Landtag bei Entscheiden des Kaisers und der Wiener Zentralbehörden faktisch über kein Mitspracherecht.
Von diesen Vorgängen im Frühjahr 1816 zeugt ein Schreiben des Kreisamtes von Trient, das Pius Fidelis Graf Wolkenstein davon in Kenntnis setzt, dass er als Kommissar für die bevorstehende Wahl der Abgeordneten für den Großen Ausschusskongress vorgeschlagen wurde. Die Kreise Rovereto und Trient konnten drei Abgeordnete des Klerus, zwei für die Städte und zwei für den Bauernstand nach Innsbruck entsenden. Da die Mitglieder des Herren- und Ritterstands auf Gesamttiroler Ebene gewählt wurden, schafften es nur wenige Adlige aus dem späteren Trentino in den Landtag, was die Position der südlichen Kreise im Landtag insgesamt schwächte und in den folgenden Jahrzehnten zu Konflikten führen sollte. Einer dieser adligen Abgeordneten war Pius Graf Wolkenstein (1749–1826) aus der Trienter Linie des Eisacktaler Geschlechts. Er war Stadthauptmann von Trient sowie Inhaber des Wolkensteinischen Lehens Toblino und der Gerichtsherrschaft Ivano. Zusammen mit seiner ersten Frau Maximiliane Gräfin Lodron aus Salzburg veranstaltete er zahlreiche musikalische Akademien und gründete die noch heute bestehende „Società filarmonica di Trento“. Als französische Truppen 1796 Trient besetzten, flüchtete Wolkenstein nach Salzburg, von wo er erst nach mehreren Jahren zurückkehrte, was ihm die Stadt durchaus übel nahm. Nach dem Tod seiner ersten Frau ehelichte er Giovanna Ceschi di Santa Croce, doch blieb auch diese Ehe kinderlos. Wolkenstein gelang die Wiederaufnahme seiner politischen Karriere und 1816 die Wahl zum Abgeordneten des Tiroler Landtags. Pius Fidelis war der letzte männliche Spross des Trienter Zweiges der Wolkenstein, nach seinem Tod 1826 fielen deren Güter an die Stammlinie Wolkenstein-Trostburg zurück.

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