Archivale des Monats
Die Stiftung der Maria Schwarz Witwe Wanner in Brixen, 1621
Brot in seinen unterschiedlichsten Formen bildete über Jahrhunderte das wichtigste Lebensmittel – nicht nur in Tirol, sondern in weiten Teilen Europas. Daher waren Herstellung und Verkauf meist streng reglementiert, waren Gewicht, Qualität und Preis des Brots genauen Vorschriften und strikten Kontrollen durch kommunale Amtsträger unterworfen.
Wie andere Gewerke waren auch Müller und Bäcker seit dem späten Mittelalter und bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts in Zünften organisiert, die die Zahl der das Handwerk ausübenden Meister und Gesellen überwachten und beschränkten. Während die Herstellung von Brot größtenteils in Männerhand lag, oblag der Verkauf desselben meist Frauen, entweder den Frauen oder Mägden der Bäckermeister selbst oder sogenannten Brothüterinnen, die die Erzeugnisse der verschiedenen Bäcker vertrieben.
Maria Schwarz, die 1621 in Brixen ein Seelgerät errichtete, wird in der Urkunde als ehemalige Brothüterin bezeichnet, d. h. sie war mit dem Vertrieb von Backwaren betraut gewesen. Im fortgeschrittenen Alter stiftete sie bei der Müller- und Bäckerbruderschaft in Brixen eine jährliche Messe für ihr Seelenheil und eine Almosengabe bzw. eine Brotspende für zwei bedürftige Personen. Dem können wir entnehmen, dass die Müller und Bäcker nicht nur als Gewerke genossenschaftlich, sondern auch in religiöser Hinsicht in einer Bruderschaft organisiert waren. Bruderschaften widmeten sich frommen und karitativen Aufgaben, wobei die manchmal beträchtlichen Einnahmen – Spenden, Stiftungen oder Vermächtnisse verstorbener Mitglieder – für Messen, Kirchengerät und wohltätige Zwecke verwendet wurden. Über Einnahmen und Ausgaben der Bruderschaft legte der gewählte Brudermeister vor der weltlichen und geistlichen Obrigkeit eine jährliche Bruderschaftsrechnung. Auch Maria Schwarz ließ sich für die Errichtung ihrer Stiftung, die mit 200 Gulden durchaus beträchtlich zu nennen ist, einen Revers, also eine Bestätigung ausstellen und behielt sich in einer Klausel vor, die Stiftung zurückzuziehen, falls die Bruderschaft die mit dem Seelgerät verbundenen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllte. Die Stiftungsurkunde ist somit ein interessantes Zeugnis des religiösen und gesellschaftlichen Lebens im Brixen des frühen 17. Jahrhunderts.
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