Archivale des Monats

Die Etschregulierungs-Erhaltungs-Genossenschaft Eisackmündung-Gmund und die Folgen des Krieges

Bonifizierungskonsortium Eisackmündung-Gmund, Nr. 21

Nachdem die Etsch über Jahrhunderte in regelmäßigen Abständen über die Ufer getreten war, bisweilen ganze Landstriche unter Wasser gesetzt hatte, und die vereinzelt ausgeführten Wehrbauten und Regulierungsarbeiten nur mäßigen Erfolg gezeitigt hatten, beschloss die Regierung in Wien in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, den Fluss ab Meran vollständig zu verbauen. Ab 1879 ließen der Staat, das Kronland und die neugegründeten Etschregulierungs-Genossenschaften „Passer–Eisackmündung“ und „Gmund–San Michele“ (später „Gmund–Salurn“) zunächst den Abschnitt zwischen Meran und Bozen, dann die Strecke zwischen Auer und San Michele begradigen und mit Dämmen versehen. Das Jahrhunderthochwasser von 1882 machte einen Teil dieser Bemühungen wieder zunichte; in der Folge wurde beschlossen, auch den Abschnitt zwischen der Eisackmündung und Gmund zu regulieren. Bis 1894 waren die letzten Arbeiten abgeschlossen und die drei Genossenschaften wurden zu Etschregulierungs-Erhaltungs-Genossenschaften umgewandelt. In den jährlichen Sitzungen der Leitungsgremien der Genossenschaften wurden die notwendigen Arbeiten besprochen und deren Finanzierung und Durchführung geregelt. Welche Schwierigkeiten der Erste Weltkrieg und der Übergang von Südtirol an Italien für die Erhaltung der Regulierungsbauten und den Hochwasserschutz mit sich brachte, kann man dem Protokoll der am 11. Februar 1919 in Bozen abgehaltenen Plenarausschuss-Sitzung der Etschregulierungs-Erhaltungs-Genossenschaft Eisackmündung–Gmund entnehmen. Wichtige Arbeiten wie etwa die Abdichtung und Aufhöhung des Etschdammes, das Ausholzen der Vorlandstrecken oder die Entfernung des Geschiebes aus dem Flussbett hatten 1918 gar nicht oder nur teilweise durchgeführt werden können, da alle wehrfähigen Männer im Felde standen und kaum Arbeiter aufzutreiben gewesen waren. Ein entsprechendes Ansuchen der Genossenschaft an die k. u. k. Heeresleitung um Arbeiter und Fuhrwerke vom Jänner 1918 war abgelehnt worden. Von einem finanziellen Beitrag der k. u. k. Militärbauabteilung, den die Genossenschaft Ende Oktober 1918 quittiert hatte, wird berichtet: „Mittlerweile ist der Postverkehr übern Brenner infolge der Besetzung Südtirols mit italienischen Truppen abgesperrt worden und es ist nicht bekannt ob die Zahlung erfolgt ist oder nicht.“ Eine Entschädigung für das 1917 erfolgte Abweiden eines Etschdammes durch Militärpferde war von der Heeresverwaltung ebenso nicht gezahlt worden wie für das der Genossenschaft gehörige, vom k. u. k. Militär-Verpflegs-Magazin Ende Oktober 1918 abtransportierte Holz aus der Fritzi-Au bei Pfatten. Das restliche Holz war während des Rückzugs der österreichisch-ungarischen Truppen Anfang November 1918 – wieder zum Schaden der Genossenschaft – von Einheimischen geplündert worden, die es für Militäreigentum gehalten hatten. Auch in den Folgejahren mahnte die Genossenschaft die ausstehenden Beträge erfolglos ein. In den 1920er Jahren veränderten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Etschregulierungs-Genossenschaften: 1926 wurden die Zuständigkeiten für den Wasserbau dem Staatsbauamt (Genio Civile) übertragen, die Etschregulierungs-Erhaltungs-Genossenschaften widmeten sich fortan der Meliorierung der durch die Regulierung neu gewonnenen Anbauflächen. Zwischen 1927 und 1931 wurden die drei Genossenschaften in Bonifizierungskonsortien umgewandelt, sie prägten (und prägen) durch ausgedehnte Bodenverbesserungen und großflächige Anpflanzung von Obstbäumen das Gesicht des Etschtales bis heute.

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