Archivale des Monats

Die Eröffnung der Meraner Filiale des Banco di Roma im Frühjahr 1919

Archiv Delugan Nr. 1014

Zu den ersten italienischen Bankhäusern in dem nach dem Ende des Weltkriegs besetzten Südtirol gehörte der Banco di Roma, dessen Verwaltungsrat bereits im November 1918 beschlossen hatte, eine Filiale in Bozen zu installieren. Mitte Jänner 1919 öffnete die Bank auch schon ihre Geschäftsstelle und bereits im März desselben Jahres wurde über die Eröffnung einer weiteren Filiale in Meran entschieden. Mit dem Umbau und der Einrichtung der Lokale wurde das Meraner Architekturbüro Delugan betraut. Die im Archiv Delugan verwahrte schriftliche Aufstellung der dafür geleisteten Arbeiten (s. Bild) datiert vom 10. Mai 1919, zwei Tage später wurde die Geschäftsstelle eröffnet.

Hatte es vor dem Ersten Weltkrieg mit der Banca Cooperativa di Trento in Südtirol nur eine einzige „italienische“ Bank gegeben, eröffneten im Laufe des Jahres 1919 immer mehr italienische Kreditanstalten Zweigstellen in der neuen Provinz. Dem Beispiel des Banco di Roma folgten die Banca cattolica trentina, die Banca commerciale italiana, die Banca italiana di sconto und auch die Notenbank, die Banca d’Italia. 1920 folgten der Banco di Napoli, die Banca Antognolli-Pasqualini und die Banca mercantile di Genova.

Die großen Schwierigkeiten der heimischen Banken und Sparkassen, die große Summen in wertlose Kriegsanleihen investiert oder erhebliche Teile ihres Kapitals im nunmehrigen Ausland hatten und daher darauf nicht zugreifen konnten, erleichterte es den italienischen Häusern, in Südtirol Fuß zu fassen. Sie sahen ihre vornehmliche Aufgabe darin, die am Boden liegende Wirtschaft durch großzügige Kredite wiederzubeleben.

Ettore Tolomei und dessen u. a. mit der Umsetzung wirtschaftlicher Projekte betrauter Mitarbeiter Adriano Colocci-Vespucci sahen in der Ansiedlung italienischer Banken aber vor allem eine erfolgversprechende Möglichkeit, die neue Provinz zügig zu italianisieren. Colocci-Vespucci, der auch maßgeblich an der Errichtung des Ente Nazionale per le Tre Venezie beteiligt war, verfolgte bereits 1919 das Vorhaben, die führenden Hotels in Südtirol aufzukaufen und unter italienische Führung zu stellen, was jedoch von Regierungsstellen blockiert wurde. Trotzdem konnte der Banco di Roma das Hotel „Kaiserkorne“ in Bozen und einige Grandhotels auf dem Mendelpass an sich bringen. Tolomei formulierte 1919 diesbezüglich drei Ziele, nämlich die Ansiedlung italienischer Banken, die Übernahme der lokalen Banken und die Verdrängung der nunmehr ausländischen Bankhäuser, z. B. der Österreichisch-Ungarischen Bank. Nach der Machtergreifung durch die Faschisten wurden diese drei Ziele konsequent weiterverfolgt.

MP

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