Archivale des Monats

Schulen in deutscher und italienischer Sprache – Das Südtiroler Schulwesen in den ersten Jahren nach dem Kriegsende

Sammlung Schulsachen, Nr. 69

Unter der Militärverwaltung General Pecori-Giraldis zwischen November 1918 und Juli 1919 kam es vorerst zu keinen einschneidenden Veränderungen im Südtiroler Schulwesen. Im Schuljahr 1918/19 blieben alle Lehrer und Schulinspektoren im Amt, die Errichtung italienischer Schulen wurde vorerst aufgeschoben. Am 18. November 1918 hatte der General in einem Manifest an die Südtiroler Bevölkerung versichert, dass die deutschen Schulen fortbestehen würden und auch Privatschulen die deutsche Unterrichtssprache beibehalten dürften. Im selben „Proclama“ wurde aber auch die Errichtung italienischer Schulen in den ladinischen Tälern angekündigt, deren Einwohner als ethnische Italiener betrachtet wurden, sowie italienischer Schulen in den Gebieten südlich von Bozen, wo der Anteil der italienischsprachigen Bevölkerung effektiv höher lag. Im Laufe des Jahres 1919 wurden folglich einige neue Schulen eingerichtet, in einigen wenigen Fällen aber auch einfach deutsche Schulen in italienische umgewandelt. Nach dem Übergang der Agenden an die Zivilverwaltung im Juli 1919 ließ Generalkommissar Luigi Credaro, der während seiner Amtszeit gegenüber der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols durchaus tolerant war und repressive Maßnahmen ablehnte, die deutschen Schulen im Unterland wiedereröffnen. 1919 bis 1922 wurden für die Schulen Südtirols neue Lehrpläne erstellt, eigene Schulbücher wurden herausgegeben und es wurden auch einige neue Schulen errichtet, z. B. zwei Lehrerbildungsanstalten, die jene in Innsbruck, die nun jenseits der neuen Grenze lag, ersetzen sollten. In vielen deutschsprachigen Schulen wurde bis 1922/23 kein Italienisch unterrichtet, die Zeugnisse und Klassenbücher waren zwar zweisprachig gedruckt, wurden aber meist nur deutsch geführt, wie etwa beim Klassenbuch der 1911 eröffneten städtischen Volks- und Bürgerschule „Kaiserin-Elisabeth“ in Bozen für das Schuljahr 1919/20 zu sehen ist. Doch mit dem Erstarken des Faschismus ab 1922 wurde gerade das Schulwesen zu einer zentralen Arena der angestrebten Italianisierung der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung Südtirols. Die Kaiserin-Elisabeth-Schule in Bozen erlangte dabei eine gewisse Berühmtheit, da sie am 1. Oktober 1922 von Anhängern der faschistischen Bewegung besetzt und kurz darauf in eine italienische Grundschule mit dem Namen „Scuola Regina Elena“ umgewandelt wurde (seit 1946 „Dante-Alighieri-Schule“). Ab Oktober 1923 wurde Italienisch schrittweise als alleinige Unterrichtssprache eingeführt, bis im Oktober 1929 schließlich die letzten deutschsprachigen Klassen aufgehoben wurden.

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