Archivale des Monats
Ein junger Bozner plant eine Pilgerfahrt nach Rom im heiligen Jahr 1650
Actum Bozen, den 14 tag martÿ anno etc. 1650 • Alß dann herr Sebald Schgrafer zum Monschein aus zweifls ohne durch eingebung Gottes allmechtig Ime angefallner deuotion sich entlichen resoluiert, die heillige statt Rom in bevorsteendem jubel jar sambt anderer peregrini zubesuchen. Warzue ime dann die götliche gnad allzeit beisteen vnd ain freliche widerkhonfft verleichen welle …

Im Heiligen Jahr 1650 plante der junge Sebald Schgraffer, jüngster Sohn einer Bozner Bürgerfamilie, die 1624 die Erhebung in den Adelsstand erlangte und ab 1635 das Prädikat „zum Mondschein“ führen durfte, mit einer Gruppe von Gläubigen in die Ewige Stadt zu pilgern.
Auslöser dafür war vielleicht der Tod seiner Mutter Maria Rohrer, Witwe nach dem bereits viele Jahre zuvor verstorbenen Hans Schgraffer. Die Erbteilung zwischen den fünf Kindern des Paares war bereits vollzogen, als die beiden jüngsten Brüder noch einen aus väterlicher Abhandlung stammenden gemeinschaftlichen Besitz untereinander aufteilten, bevor der junge Sebald seine Reise antreten wollte.
Anders als in heutiger Zeit, in der das Reisen und Pilgern keine allzu großen Gefahren birgt, konnten Pilger der frühen Neuzeit leicht Opfer von Überfällen werden, Unfälle oder Verletzungen ohne geeignete medizinische Versorgung leicht tödlich enden; Krankheiten durch Infektionen oder verdorbenes Trinkwasser lauerten überall. Ob man von einer Fernwallfahrt lebend zurückkam, lag daher in Gottes Hand.
Ob bei Sebald Schgraffer auch eine Portion Abenteuerlust und die Neugier auf die Fremde im Spiel war, darf vermutet werden, doch das Hauptmotiv war wohl tiefe religiöse Überzeugung, durch eine Wallfahrt Gott näher zu kommen oder die Erfüllung eines Gelübdes.
Seit Papst Bonifaz VIII. im Jahr 1300 das erste Heilige Jahr ausgerufen hatte und seit sich ab etwa 1400 ein Rhythmus von 25 Jahren eingebürgert hatte, strömten besonders in diesen sogenannten Jubeljahren, Zehntausende Pilger aus allen Teilen Europas nach Rom, um einen Generalablass zu erlangen.
Aufgrund fehlender schriftlicher Zeugnisse können wir nur vermuten, dass der junge Bozner seine Pilgerreise auch wirklich antrat. Sicher ist aber, dass er sie überlebte und wohlbehalten nach Bozen zurückkehrte, denn einige Jahre später ehelichte er Maria Salome Prugger zum Kränzl und beschloss sein Leben als betagter Mann um 1690.
EP
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