Archivale des Monats

Die Entwicklung der Südtiroler Wildbachverbauung am Beispiel der Passer

Fotos aus einem Bericht des Zivilen Staatsbauamtes (Genio Civile) zur Situation der Passer nach den Überschwemmungen vom Herbst 1928 (Wasserschutzbauten – Bauprojekte, Nr. 855).

Die Errichtung von Wasserschutzbauten hat in Südtirol eine lange Tradition, stellen doch reißende Fließgewässer, Murgänge und Hangrutschungen in den Alpen reliefbedingt seit jeher eine große Gefahr für Siedlungen und Kulturlandschaft dar. Während die Verbauung von Gewässern in älterer Zeit durch Elementarereignisse Gefährdeten selbst oblag und daher eher unsystematisch erfolgte, entstand mit der „Forsttechnischen Abteilung für Wildbachverbauung“ im Rahmen des k. k. Ackerbau-Ministeriums 1884 erstmals eine eigene Stelle. Ab 1898 gab es in Innsbruck eine eigene Bauleitung dieses Amtes, die in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zahlreiche Projekte ausführen konnte. Noch Anfang März 1919, also vier Monate nach der Besetzung Südtirols durch das Königreich Italien, arbeitete die k. k. Bauleitung der Wildbachverbauung ein umfangreiches Projekt zur Verbauung der Passer und ihrer zahlreichen Zuflüsse aus, um die Geschiebemengen zu verringern, die nicht nur für Passeier selbst, sondern vor allem auch für das Meraner Becken und das Etschtal eine Bedrohung darstellten. Kurze Zeit darauf übernahm das Ufficio sistemazioni torrenti in Trient die Aufsicht über die Wildbachverbauung in Südtirol. Dieses Amt wurde aber wenig später aufgelöst und mit der Durchführung der Arbeiten wurden die Staatsbauämter der Provinzen Trient und (ab 1927) Bozen (Genio civile) sowie die Forstmiliz (Milizia forestale) betraut. Als jeweils im Spätherbst 1926, 1927 und 1928 verheerende Überschwemmungen Norditalien und auch Südtirol heimsuchten, verlangte die zuständige Zentralbehörde, der Magistrato alle Acque, die endgültige Regulierung der Etsch und ihrer Zuflüsse. Das Staatsbauamt begann mit der Ausarbeitung von Projekten zur Sicherung des Noce, des Avisio, der Talfer, des Sinichbachs und der Passer. Vom November 1927 stammt ein erstes Projekt zur Materialentnahme am Zusammenfluss von Passer und Etsch, vom 29. September 1928 datiert eine zweite Perizia urgente dei lavori di escavazione del torrente Passirio in Merano da m. 240 a monte del ponte della ferrovia Bolzano-Merano fino alla confluenza col fiume Adige. Doch schon einen Monat später, im Oktober 1928, führte ein neuerliches Hochwasser dazu, dass sich im Mündungsbereich auf der Höhe von Marling und Untermais wiederum große Geschiebemassen stauten. Der 1935 begonnene Abessinienkrieg und der Zweite Weltkrieg verzögerten die Durchführung der geplanten Arbeiten. Mit dem ersten Autonomiestatut von 1948 ging die sekundäre Zuständigkeit für die Nutzung der öffentlichen Gewässer und deren Wasserschutzbauten mit Ausnahme der Etsch zwischen Töll und Salurn, des Eisacks und eines Teiles der Drau, an die neu geschaffene Region Trentino-Südtirol über. 1950 wurde ein Regionalamt für Wildbachverbauung gegründet, das 1971 in eine Sonderverwaltung übergeführt und mit weiteren Befugnissen ausgestattet wurde. Dank des Zweiten Autonomiestatuts von 1972 konnte die Autonome Provinz Bozen mit dem öffentlichen Wassergut auch die primäre Zuständigkeit für die Wasserschutzbauten an den ihnen zugewiesenen Fließgewässern übernehmen. Der Abschnitt der Etsch zwischen Töll und Salurn, der Eisack und Teile der Drau gingen erst im Jahr 2000 an das Land Südtirol über. Mit Landesgesetz Nr. 35 vom 12. Juli 1975 wurde der Sonderbetrieb für Bodenschutz, Wildbach- und Lawinenverbauung errichtet, der fortan für die Baumaßnahmen an den Fließgewässern, aber auch für Hangsicherungen und Lawinenverbauung zuständig war. Heute ist der Sonderbetrieb Teil der Agentur für Bevölkerungsschutz.

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