Inklusion und Teilhabe: Landesgesetz seit 10 Jahren in Kraft
Rückblick und Ausblick darauf, wie Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Behinderungen gelingen kann - Landesrätin Pamer: "Teilhabe und Inklusion sind Ausdruck einer zukunftsfähigen Gesellschaft"
BRIXEN (LPA). Mit dem Inklusionsgesetz sei am 14. Juli 2015 ein Meilenstein für die Stärkung der Teilhabe und Inklusion für Menschen mit Behinderungen in Südtirol in Kraft getreten – darin sind sich Landesrätin für den Sozialen Zusammenhalt Rosmarie Pamer, die ehemals zuständige Landesrätin Martha Stocker und Gleichstellungsrätin Brigitte Hofer einig. Gemeinsam mit Heidi Ulm vom Monitoringausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und Unternehmer Heiner Oberrauch wurde am 14. Juli 2025 zurückgeblickt und ein Ausblick auf anstehende Themen gegeben. Der Ort war dabei bewusst gewählt: In der WunderBAR in Brixen wird Inklusion jeden Tag gelebt. Die Einrichtung der Bezirksgemeinschaft Eisacktal bietet Menschen mit Behinderungen Arbeitsmöglichkeiten.
"Seit der Verabschiedung des Gesetzes ist viel passiert. Wir sehen vor allem, dass Menschen dadurch mehr Selbstständigkeit, mehr Chancen und mehr Lebensqualität gewonnen haben", hob Landesrätin Pamer hervor. Bis zum 3. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen, solle die Inklusion und Teilhabe nun mit unterschiedlichen Veranstaltungen und Maßnahmen in den Fokus gesetzt werden.
Ein inklusives Gesetz – von Anfang an
2015 als Landesrätin maßgeblich an der Erarbeitung und Verabschiedung des Inklusionsgesetzes beteiligt war Martha Stocker. Für sie sei es eine große Freude, an einer "Frucht des Landesgesetzes", wie Stocker die WunderBAR bezeichnete, auf das Gesetz zu blicken und wie viele Dinge damit auf den Weg gebracht wurden. "Das Landesgesetz zeichnet aus, dass alle Bereiche nicht nur benannt, sondern auch in die Entstehung einbezogen wurden – damit waren wir beispielgebend", sagte Stocker. Auch die Übersetzung des Gesetzes in die Leichte Sprache war etwas, das es in Südtirol, aber auch in Italien vorher nicht gegeben hatte.
Meilenstein des Gesetzes: Der Monitoringausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen
Eine der wichtigen Einrichtungen, die durch das Landesgesetz geschaffen wurde, ist der Monitoringausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Mitglied Heidi Ulm berichtete, dass vor allem die Betroffenenvertretung von großer Bedeutung sei. "Das Gesetz gibt uns die Grundlage laut und stark zu sein", betonte sie. Das Landesgesetz wirke sich sehr konkret auf ihren Alltag aus, unter anderem im Bereich der persönlichen Assistenz oder der öffentlichen Mobilität. Verbesserungsbedarf sehe sie bei der Handhabung des Beitrags "Selbstbestimmtes Leben und gesellschaftlichen Teilhabe" und der Regelung der persönlichen Assistenz.
Seit 2020 ist der Monitoringausschuss bei der Gleichstellungsrätin angesiedelt. Brigitte Hofer bezeichnete das Gesetz als Basis eines Paradigmenwechsels hin zur "vollen und wirksamen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen". Im Monitoringausschuss gehe es darum strukturelle Probleme sichtbar zu machen, zu analysieren und Verbesserungen anzuregen. "Zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des Landesgesetzes kann man sagen, es war mehr als eine Symbolhandlung: Es hat Einrichtungen, wie den Monitoringausschuss, geschaffen, die konkret dazu beitragen, Teilhabe nicht nur zu fordern, sondern auch umsetzen", hob Hofer hervor.
Teilhabe in allen Lebensbereichen ermöglichen
Eine der großen Errungenschaften des Landesgesetzes für Inklusion und Teilhabe war der Einbezug möglichst vieler Bereiche. Ein wesentlicher Alltagsbereich ist jener der Teilhabe am Arbeitsleben. Heiner Oberrauch, Unternehmer, berichtete, dass mit dem Landesgesetz die Begleitung und Betreuung für Menschen mit Behinderungen einfacher in den Betrieben umsetzbar sei. "Die Aufgabe in der Wirtschaft ist es, einen Job zu finden, der Mitarbeitende nicht überfordert, sondern eine Arbeit mit Wert hat. Gerade hier ist eine Begleitung in den Arbeitsprozess wichtig", hob Oberrauch hervor. Der ehemalige Präsident des Unternehmerverbandes Südtirol bescheinigte der Südtiroler Wirtschaft eine große Offenheit, es brauche vor allem Zeit und dass die Mitarbeitenden das Engagement für inklusive Arbeitsmöglichkeiten mittragen. "Ich ermutige Unternehmen hier aktiv zu werden, weil man damit engagierte Mitarbeitende für sich gewinnt", sagte Oberrauch.
Ausblick: Neuer staatlicher Rahmen und Stärkung persönliche Assistenz
Zu den wichtigen Neuerungen, deren Umsetzung ansteht, zählt die Neuorganisation der Feststellung von Behinderungen, die ab 2027 angegangen wird. Zudem gibt es das Recht auf ein individuelles Lebensprojekt: Die Richtlinien werden von den Sozial- und Gesundheitsdiensten derzeit erarbeitet. Konkrete Schritte möchte das Land bei der Weiterentwicklung der persönlichen Assistenz setzen: "Mit dem Projekt 'selAvì – selbstbestimmt Leben / vita indipendente' erarbeitet Kolping Südtirol gemeinsam mit der Genossenschaft Promos und dem Landesamt für Menschen mit Behinderungen derzeit am Konzept für eine zentrale Anlaufstelle für persönliche Assistenz. Wir wollen diese nachhaltig, wirksam und selbstbestimmt im Alltag verankern", informierte Landesrätin Pamer. Das Projekt soll Anfang 2026 umgesetzt werden. Es werde folglich weitergearbeitet, denn: "Teilhabe und Inklusion ist ein Recht, das uns alle angeht. Es ist Ausdruck einer gerechten und zukunftsfähigen Gesellschaft", ist Landesrätin Pamer überzeugt.
ck