Krisentelefon: Offenes Ohr in schweren Momenten
In der Weihnachtszeit sind viele Menschen seelisch besonders belastet - Das Psychologische Krisentelefon bietet unter der Grünen Nummer 800 101 800 rund um die Uhr kostenlose Hilfe
BOZEN (LPA). Nicht für alle ist Weihnachten eine fröhliche Zeit. Wer sich überfordert fühlt oder nicht mehr weiter weiß, findet beim Psychologischen Krisentelefon unter der Grünen Nummer 800 101 800 kostenlos Hilfe, und zwar rund um die Uhr. Erwin Steiner und sein Team legen in diesen Tagen kaum mal den Telefon-Kopfhörer ab.
"Krisen halten sich nicht an normale Öffnungszeiten", sagt Steiner, der landesweiter Koordinator des Bereichs Notfallpsychologie und des psychologischen Krisentelefons ist. Gerade in den Weihnachtstagen sind die zwölf Mitarbeitenden des Krisentelefons besonders gefordert.
"Friede, Freude, Eierkuchen herrscht besonders an Weihnachten nicht überall. Oft wiegen gerade an diesen Tagen Einsamkeit oder Konflikte in der Familie oder Partnerschaft besonders schwer, und man kann sich einfach nicht mehr vorstellen, wie es weitergehen kann", erklärt Steiner. Am häufigsten rufen laut Steiner Menschen wegen Zukunftsängsten, Sorgen und Befürchtungen an, ebenso wie wegen Niedergeschlagenheit und Selbstwert-Problemen oder weil es Schwierigkeiten in der Familie und Partnerschaft gibt, zum Beispiel aufgrund eines Streits. Steiner ist überzeugt, dass Menschen in einer schlimmen Krise ein menschliches Gegenüber haben sollten, und sei es als Zuhörer am Telefon.
"Gemeinsam mit dem Anrufenden fassen wir zusammen, was passiert ist, überlegen, was er genau jetzt braucht und schauen dann, wo er oder sie sich Hilfe holen kann, ob man bei sich selbst Ressourcen aktivieren kann oder ob es noch andere Ressourcen gibt. Bei Bedarf leiten wir auch an andere Hilfsangebote weiter und versuchen zu überbrücken", erläutert Steiner. Eine enge Zusammenarbeit gebe es mit dem Weißen Kreuz und den Psychologischen Diensten. "Niemand soll in einer psychischen Krise allein bleiben, ein Gespräch kann helfen", sagt Gesundheitslandesrat Hubert Messner.
Übers Jahr verteilt wickelt das Team des Krisentelefons rund 3000 Anrufe ab. Das Krisentelefon ist rund um die Uhr erreichbar. Die Mitarbeitenden arbeiten im Turnusdienst. Gespräche können bis zu einer Stunde und mehr dauern. Oft sind sie aber auch kurz. "Der Durchschnittswert liegt bei 11 Minuten", zieht Steiner Bilanz. Durchschnittlich sind die Anrufenden zwischen 50 und 60 Jahren. Rund 60 Prozent der Anrufenden sind weiblich, rund 40 Prozent männlich.
Das Krisentelefon richtet sich an Menschen in Südtirol, weil es mit den lokalen Hilfsangeboten vernetzt ist. Oft gebe es auch Hilfesuchende aus anderen Provinzen Italiens. Dies sei für das Team aufwendig. Das Krisentelefon richtet sich vor allem an Menschen in akuten seelischen Krisen und ergänzt bestehende Dienste wie die Telefonseelsorge der Caritas und Telefono Amico.
Wenn sein Dienst zu Ende sei, gehe er immer müde nach Hause, weil gerade die Beratung am Telefon schwer sei. "Wir können den Anrufenden nicht sehen und müssen dann aus dem Gespräch beispielsweise Schweigen deuten", sagt Steiner. Allerdings gehe er immer zufrieden heim, weil er vielen Menschen niederschwellig helfen konnte.
san


