Autonome Provinz Bozen - Südtirol | |
19. Amt für Arbeit |
D. MÖGLICHE
AUSSAGEN ZU BEDARFSPROGNOSEN IN EINZELNEN SEKTOREN
Während aus Gesamt-Prognosen zumindest die Aussage möglich ist,
daß die Flexibilität erhöht werden sollte, sind, wie bereits
erwähnt, Bedarfsprognosen für einzelne Bereiche aufgrund von
Produktions- und Produktivitätsprognosen mit so grossen
Unsicherheiten verbunden, daß sie keine geeignete Grundlage für
längerfristig wirkende Eingriffe bieten. Es lassen sich nur aus
der Entwicklung der Vergangenheit einige qualitative Tendenzen in
die Zukunft extrapolieren, was im folgenden für alle Sektoren
und dann für einzelne Sektoren versucht werden soll.
1. Für alle Sektoren gilt, wie im vorigen Kapitel ausgeführt,
daß sich die Produktzyklen weiter beschleunigen und daß der
rasche internationalen Wandel die Unternehmen herausfordert. Es
gibt relativ rasch neue Chancen, aber auch rasch neue Konkurrenz
mit grossen Herausforderungen. "Noch nie in der Geschichte
konnte eine gute Geschäftsidee in so kurzer Zeit zu einem
multinationalen Unternehmen reifen und umgekehrt eine Weltfirma
über Nacht vom Horizont verschwinden, wie heute" (Klaus
Weiermair).
Der Markt polarisiert sich immer mehr: Mittlere Qualität zu
mittlerem Preis bei bescheidenem Gewinn wird keine Zukunft mehr
haben. Auf der einen Seite wird es Kostenführerschaft bei
Massenprodukten geben und auf der anderen Seite
Qualitätsstrategien bei individualisierten Produkten und
Dienstleistungen. (Klaus Weiermair).
Bei der Nachfrage lassen sich mehrere Tendenzen erkennen. Eine
wichtige davon ist der steigende Anteil von Ausgaben im
Freizeitbereich. (Daher ist der Tourismus - weltweit gesehen -
nach wie vor eine der Wachstumsbranchen.)
Durch die steigende Frauen-Erwerbsquote profitieren viele
Dienstleistungsbereiche, die die bisherigen persönlichen
Dienstleistungen der Frau im Haushalt ersetzen, wie Reinigung,
Gastronomie, Kinder- und Altenbetreuung. Durch die abzusehende
flexiblere Gestaltung der Ladenöffnungszeiten, eine notwendige
Folge der steigenden Frauenerwerbsquote und des weniger
konservativen Verhaltens von Mann und Frau, bieten sich vor allem
für die Frauen zusätzliche Arbeitsmöglichkeiten an. In einigen
Bereichen des Handels kann also von neuen Arbeitsplätzen
ausgegangen werden.
Innerhalb der Sachgüterproduktion werden seit längerer Zeit die
"Hochtechnologie" (Informationstechnologie usw.),
Gentechnologie, Umwelttechnologie genannt, doch lässt sich hier
keine generelle Einteilung in "Wachstumsindustrien" und
schrumpfende Industrien machen. Auch in einer
"schrumpfenden" Branche kann sich ein Unternehmen mit
Innovationen u.U. leichter durchsetzen, als im starken Wettbewerb
der Hochtechnologie-Branchen. Es wäre deshalb nicht
gerechtfertigt, etwa staatliche Förderungen nur bestimmten, als
Wachstumsindustrien angesehenen Zweigen zukommen zu lassen. Für
Südtirol lassen sich zumindest in der Informations- und
Gentechnologie keine besonderen Standortvorteile erkennen. In
beiden Bereichen hätte Südtirol nur Chancen in der raschen
Anwendung, nicht aber in der Entwicklung und Produktion selbst.
In der Umwelttechnologie wäre u.U. ein Standortvorteil bei der
Entwicklung spezifischer Technologien für die Bewältigung der
alpinen Umweltprobleme vorhanden.
Eine weitere Tendenz ist bekannte Verlagerung der Beschäftigung
vom primären zum tertiären Sektor, d.h. die abnehmende
Bedeutung der Landwirtschaft und der Sachgüterproduktion und die
zunehmende des Dienstleistungs- und Informationssektors. Der
steigende Anteil des Dienstleistungssektor wird durch drei
Faktoren erklärt: der höheren Einkommenselastizität der
Nachfrage, der Auslagerung von Dienstleistungen des primären und
sekundären Sektors ("outsourcing") aber auch der
Haushalte, sowie der niedrigeren Zunahme der Produktivität im
Dienstleistungssektor.
Diese generellen Tendenzen lassen sich aus der vergangenen
Entwicklung für Südtirol belegen:
Der Anteil der Beschäftigten im primären Sektor sank (aufgrund
der Volkszählungsdaten) von 1981 bis 1991 von 14,0 auf 10,7%, im
sekundären Sektor von 27,1 auf 26,3%, während der Anteil des
tertiären Sektors von 58,9 auf 63,0% stieg. Wenn auch andere
Statistiken, wie z.B. der Mikrozensus für kürzere Perioden
einmal gegenläufige Entwicklungstendenzen ergeben, dürfte sich
diese Grundtendenz mit einiger Wahrscheinlichkeit weiter
fortsetzen.
2. Für eine weitere Aufgliederung nach verschiedenen Branchen
stehen nicht immer vergleichbare und unterschiedlich
verlässliche Statistiken für die Beschäftigtenstruktur zur
Verfügung. Wollte man eine Prognose der einzelnen Sektoren
aufgrund von Produktion und Produktivität erstellen, so müssten
für die Produktion und Produktivität getrennt Prognosen
erstellt werden, die letztlich wiederum auf eine Fortschreibung
der vergangenen Entwicklung hinausliefen, weil keine Aussagen
über neu auftretende Faktoren gemacht werden können.
Im folgenden wird deshalb ein "Abkürzungsweg" für die
Prognose übernommen, wie er in der Studie
Arbeitskräfte-Gesamtrechnung und Prognose für Südtirol 1981 -
2000 angewendet wurde. Es wurden darin nämlich die
Beschäftigungstendenzen in den einzelnen grossen Sektoren
fortgeschrieben. (Siehe Tabelle 43 auf S. 183 der zitierten
Studie bzw. Tabelle auf folgender Seite). Zu diesen Sektoren
sollen nun in erweiterter Gliederung einige sichtbare qualitative
Tendenzen geschildert werden und anschliessend Aussagen über die
Wahrscheinlichkeit der in der Tabelle enthaltenen sektoralen
Prognosen gemacht werden.
Tabelle 43
Erwerbstätige in Südtirol nach Wirtschaftssektoren von 1988 bis
2000
(aus: "Arbeitskräftegesamtrechnung 1981 - 2000 und Prognose
für Südtirol",
Juni 1991)
Totale |
1990 |
1995 |
2000 |
Totale |
Erwerbstätige (Quote an Bevölkerung) |
185.400 42,3% |
185.900 42,7% |
189.300 43,2% |
188.600 42,9% |
Occupati (quota sulla popolazione) |
|
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|
Erwerbstätige in Landwirtschaft |
25.900 |
25.700 |
26.100 |
26.100 |
Occupati nell'agricoltura |
(Quote an Bevölkerung) |
5,9% |
5,9% |
5,9% |
5,9% |
(quota sulla popolazione) |
(Quote an Erwerbstätigen) |
14,0% |
13,9% |
13,8% |
13,9% |
(quota sulle forze di lavoro) |
|
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|
Erwerbstätige im prod.Gewerbe |
26.800 |
26.200 |
25.500 |
24.600 |
Occupati nell'industria |
(Quote an Bevölkerung) |
6,1% |
6,0% |
5,8% |
5,6% |
(quota sulla popolazione) |
(Quote an Erwerbstätigen) |
14,4% |
14,1% |
13,5% |
13,0% |
(quota sulle forze di lavoro) |
|
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|
|
Erwerbstätige im Baugewerbe |
16.300 |
16.100 |
16.100 |
15.800 |
Occupati nelle costruzioni |
(Quote an Bevölkerung) |
3,7% |
3,7% |
3,7% |
3,6% |
(quota sulla popolazione) |
(Quote an Erwerbstätigen) |
8,8% |
8,7% |
8,5% |
8,4% |
(quota sulle forze di lavoro) |
|
|
|
|
|
Erwerbstätige in Handel und Dienstleistungen |
98.600 |
100.200 |
104.500 |
105.800 |
Occupati negli commercio e nei servizi |
(Quote an Bevölkerung) |
22,5% |
23,0% |
23,8% |
24.0% |
(quota sulla popolazione) |
(Quote an Erwerbstätigen) |
53,2% |
53,9% |
55,2% |
56,1% |
(quota sulle forze di lavoro) |
|
|
|
|
|
Erwerbstätige im Gastgewerbe |
17.800 |
17.600 |
17.100 |
16.300 |
Occupati negli alberghi e pubbl. esercizi |
(Quote an Bevölkerung) |
4,1% |
4,0% |
3,9% |
3,7% |
(quota sulla popolazione) |
(Quote an Erwerbstätigen) |
9,6% |
9,5% |
9,0% |
8,6% |
(quota sulle forze di lavoro) |
|
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|
Erwerbstätige mit maximal Mittelschulabschluss |
148.000 |
147.200 |
147.500 |
145.900 |
Occupati con massimale diploma scuola media |
(Quote an Bevölkerung) |
33,7% |
33,8% |
33,6% |
33,1% |
(quota sulla popolazione) |
(Quote an Erwerbstätigen) |
79,8% |
79,2% |
77,9% |
77,3% |
(quota sulle forze di lavoro) |
|
|
|
|
|
Erwerbstätige mit maximal Oberschulabschluss |
30.000 |
31.100 |
33.400 |
33.700 |
Occupati con massimale diploma scuola superiore |
(Quote an Bevölkerung) |
6,8% |
7,1% |
7,6% |
7,6% |
(quota sulla popolazione) |
(Quote an Erwerbstätigen) |
16,2% |
16,7% |
17,6% |
17,8% |
(quota sulle forze di lavoro) |
|
|
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|
|
Erwerbstätige mit Hochschulabschluss |
7.500 |
7.500 |
8.400 |
9.100 |
Occupati con laurea |
(Quote an Bevölkerung) |
1,7% |
1,7% |
1,9% |
2,1% |
(quota sulla popolazione) |
(Quote an Erwerbstätigen) |
4,0% |
4,1% |
4,4% |
4,8% |
(quota sulle forze di lavoro) |
|
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(alle Zahlen gerundet, Gesamtbevölkerung inkl. Anstaltsangehörige) |
(tutte le cifr arrotondate, popolazione totale inclusi i membri di convivenze) |
3. Diese Prognose stellt ein Gesamtsystem dar, das in jedem
Sektor die vorhandenen Tendenzen fortschreibt. Ändert man
aufgrund einer Analyse die Annahmen eines einzelnen Sektors, so
wirkt sich das auf zweierlei Weise auf die anderen Sektoren aus:
einmal durch die geänderte Nachfrage des Sektors nach
Vorleistungen und zweitens durch die Wirkungen auf den
Arbeitsmarkt. Beispielsweise würde eine optimistischere Prognose
für den Tourismus nicht nur die anderen Sektoren beleben, wie
z.B. die Bauwirtschaft oder den Einzelhandel, sondern würde auch
durch eine erhöhte Arbeitskräftenachfrage den
Beschäftigtenanteil anderer Sektoren, z.B. der Industrie
herabsetzen.
a) Tourismus
In der Prognose ist nur der Sektor Gastgewerbe enthalten, in dem
sowohl die absolute wie die relative Zahl der Erwerbstätigen als
fallend prognostiziert wird. Kurzfristig ist hier zwar im Moment
eine starke Belebung durch die schwache Lire zu sehen. Auf die
Dauer können aber hier - so wie in Nordtirol - gravierende
Strukturprobleme auf den Tourismus zukommen, die sich auch auf
die Beschäftigung anderer Branchen auswirken könnten.
Die Beschäftigungsnachfrage, die die touristische Nachfrage
induziert kann nicht nur mit dem Beschäftigungsausmass des
Gastgewerbes gemessen werden. Die Ausgaben der Touristen werden
in den vorgelagerten Wirtschaftszweigen des Gastgewerbes
(Landwirtschaft, Bauwirtschaft usw.) und in den anderen Sektoren,
denen die Touristenausgaben zufliessen, wie Einzelhandel, Lifte,
Tankstellen usw. wirksam. Die grösse dieser Wirkungen kann mit
sog. Tourismusmultiplikatoren gemessen werden. Grobe Schätzungen
ergeben, daß nur etwas über die Hälfte der Touristenausgaben
ins Gastgewerbe gehen. Dadurch muß bei einer Schätzung der
Entwicklung der anderen Beschäftigungssektoren auch die
Entwicklung des Tourismus bedacht werden.
Im Tourismus ist längerfristig mit dem grundlegenden Problem
dieser Branche zu rechnen: die Produktivitätssteigerungen sind
in diesem Dienstleistungsbereich begrenzt, die Löhne folgen aber
der durchschnittlichen Produktivitätsentwicklung, die vor allem
durch Produktivitätssteigerungen in der Industrie bestimmt
werden. Dadurch muß der Tourismus die Lohnerhöhungen auf die
Preise überwälzen und wird dadurch - vor allem bei rasch
steigender Industrieproduktivität - immer teurer.
Bisher war es vor allem im Wintertourismus noch möglich, diese
Kostensteigerungen infolge der wenig preiselastischen und grossen
einkommenselastischen Nachfrage mit Preissteigerungen
aufzufangen. Grundsätzlich ist zwar für die Tourismusnachfrage
insgesamt mit einer weiterhin geringen Preiselastizität und
hohen Einkommenselastizität zu rechnen. Für die Nachfrage der
Tourismusleistungen eines einzelnen Landes, das keine
spezifischen Faktoren anbieten kann, ist die Preiselastizität
jedoch gross. Bisher hatte Südtirol im Tourismus noch einige
spezifische Faktoren zu bieten, es muß aber in Zukunft mit einer
ähnlichen Entwicklung gerechnet werden, wie sie sich im
Bundesland Tirol abzeichnete: Der Sommertourismus hatte hier
schon in den siebziger Jahren den
"Produktzyklus"-Höhepunkt überschritten, der
Wintertourismus erlebte ihn seit dem Anfang der neunziger Jahre.
Kurzfristig wurde vor allem der Sommertourismus vorübergehend
durch die ostdeutsche Reisewelle angekurbelt, die jetzt zu Ende
geht. Ob der Tourismus aus Mittel- und Osteuropa (insb.
Tschechiens, Polen und auch Russland) und den rasch wachsenden
Übersee-Märkten als Ersatz ausreicht, ist zu bezweifeln.
Das Ende des Produktzyklus des Wintertourismus hat neben der
erwähnten Kostenentwicklung noch andere Ursachen, die auf der
Nachfrageseite liegen: die Alterung der deutschen Bevölkerung
und damit der Touristen und das schwächere Wirtschaftswachstum
Deutschlands. Dazu kommt ein "Wertewandel" der
deutschen und europäischen Touristen. Die neue Generation ist
weniger statusbewusst und wechselt "zwischen McDonald und
Hauben-Restaurant". Sie ist erfahrener und sucht Qualität,
Individualität, Originalität und Produktwahrheit. Die Nachfrage
differenziert sich immer mehr nach verschiedenen Zielgruppen, auf
die die Unternehmer sich spezialisieren müssen, das Vermitteln
und Verkaufen von "Lifestyle", von Lebensformen, wird
entscheidender.
Um diese neuen Nachfragesektoren aufzuspüren und das Angebot
darauf auszurichten, ist vermehrt unternehmerisches Können
notwendig. Insbesondere ist es dort gefragt, wo Betriebe von der
jungen Generation übernommen werden und die alte
Unternehmensleitung den Betrieb nur noch verwaltet hat. Aufgrund
der Altersstruktur kann angenommen werden, daß allein aus diesem
Grund ein Bedarf an höher qualifiziertem Personal besteht. Dazu
kommt noch die in Zukunft wohl immer mehr sich verbreitende
Übernahme/Pachtung usw. von in Schwierigkeiten gekommenen
Betrieben, die von jungen dynamischen, gut ausgebildeten
Unternehmer/innen auf die neuen Zielgruppen ausgerichtet werden
können. Diese neuen Zielgruppen werden ein neu gestaltetes
Angebot erfordern.
Auf der globalen Angebotsseite wirkt sich die Verbilligung der
Flugreisen aus, die bisherige Südtirol-Urlauber abzieht. Diese
Verbilligung gibt zwar gleichzeitig die Chance, mehr Touristen
aus den stark wachsenden Märkten von Südostasien, pazifischer
Raum und Südamerika anzuziehen. Diese Touristen können aber
nicht den klassischen deutschen Sommertouristen ersetzen, der 2 -
3 - Wochen Wander- und Bergsteigerurlaub macht, und auch nicht
den klassischen Wintertouristen, sondern werden verstärkt
Kulturtourismus, Einkaufstourismus usw. mit kürzerfristig
wechselnden Aufenthalten betreiben und damit einen starken Wandel
im Südtiroler Tourismus auslösen. Immerhin könnten sie den
"klassischen" Frühjahrs- und Herbst-Tourismus
Südtirols beleben. Diese Zukunftsmärkte erfordern von den
Beschäftigten im Tourismus spezifische Kenntnisse der Kultur,
auch der Sprache und des Marketings auf diesen neuen Märkten.
Im Tourismus zeigt sich so wie in der Industrie ein rascherer
Wandel. Die Reiseentscheidungen, besonders für kurzfristige
Reisen in der näheren Umgebung, werden kurzfristiger gefällt.
Es wird immer wichtiger werden, an ein
Computer-Reservierungs-System angeschlossen zu sein. Auch die
Tätigkeiten im Hotel und Restaurant werden stärker
Computerunterstützt, sodaß die Beschäftigten mit der Hard- und
Software vertraut sein müssen.
Die Entwicklung im Gastgewerbe zeigt seit Beginn der 90er Jahre
eine Abnahme des Bettenangebots bei einem relativ stärkeren
Rückgang der Zahl der Betriebe, sodaß sich die Betriebe
vergrössern und eine leicht steigende Nächtigungszahl, sodaß
die Auslastung sich verbessert. Dazu kommt eine Verbesserung der
Qualität der Betriebe. Alle diese Tendenzen laufen darauf
hinaus, daß die im Tourismus Beschäftigten höhere
Qualifikationen benötigen.
Generell lässt sich feststellen, daß im Tourismus durch die
notwendige Professionalisierung die Aufnahmefähigkeit von gut
ausgebildeten Arbeitskräften vorhanden ist. In der Vergangenheit
konnte der Bedarf sowohl an weniger wie an höherqualifiziertem
Personal nicht immer gedeckt werden. In der letzten Zeit hat sich
die Situation etwas entspannt, weil durch den
Konjunkturrückschlag anfangs der neunziger Jahre Arbeitskräfte
vermehrt in den Tourismus strömten und durch die Ostöffnung
teilweise auch qualifiziertes Personal verfügbar wurde.
Allerdings entspricht dieses Personal nicht unbedingt dem Wunsch
der Gäste. Aufgrund von Befragungen deutscher Gäste (in der
Schweiz) lässt sich feststellen, daß ein Service von
einheimischen Personal vorgezogen wird. (Aus diesem Grund wurde
in der Vergangenheit auch im Bundesland Tirol die Quote von
ausländischen Beschäftigten pro Betrieb begrenzt, was dann
wegen den EU-Freizügigkeitsbestimmungen aufgehoben werden
musste). Die Bevorzugung einheimischen Personals durch die Gäste
ist auch durch die Sprachkenntnisse (deutsch und italienisch)
bedingt und kann eine Begrenzung für den Zuzug ausländischer
Arbeitskräfte bedeuten. Damit sind die Chancen für gut
ausgebildete Südtiroler Arbeitskräfte gegeben. Die
Aufnahmefähigkeit für qualifiziertes Personal hat sich wohl
auch deshalb am Markt noch nicht deutlich als Bedarf geäussert,
weil es kein ausreichendes Angebot an qualifiziertem Personal
gibt und weil ein Teil dieses Bedarfs nicht aus Unselbständigen
besteht, die von Unternehmen nachgefragt werden und damit durch
Befragungen und Anfragen bei den Arbeitsvermittlungsstellen
erfasst werden können. Ein Teil des potentiellen Bedarfs sind
aber Unternehmer/innen, die sich ihren Arbeitsplatz durch
Neugründungen oder Betriebsübernahmen selbst schaffen werden;
nicht nur im Gastgewerbe, sondern in den verstärkt nachgefragten
Bereichen des Freizeit-, Unterhaltungs- , Kulturbereichs, der
Museen, Themenparks, Veranstaltungen,
"Erlebnis-Logistik" (Smeral), Internationalisierung des
Marketings, Aufbau von Kooperations-Systemen zwischen den
Tourismusunternehmen und zwischen vor- und nachgelagerten
Unternehmen (Banken, Freiberufler usw.).
(Zur Beschäftigungs- und Bildungsfrage im alpinen Tourismus in
der Region Trentino/Südtirol, Deutschland, Frankreich und
Österreich wird Ende des Jahres eine von der EU finanzierte
Studie vom Institut für Tourismus und Dienstleistungswirtschaft
(Prof. Dr. Klaus Weiermair) der Universität Innsbruck zur
Verfügung stehen.)
Eine vorsichtige und optimistische Prognose könnte zum Schluss
kommen, daß der geschätzte absolute und relative Rückgang der
Beschäftigung durch ein Angebot an gut ausgebildeten,
unternehmerisch veranlagten Fachleuten aufgehalten werden
könnte. Dazu wäre u.U. eine Zuwanderung auf dem Gebiet der
weniger qualifizierten Hilfskräfte zu erwarten.
b) Industrie
Auch für das produzierende Gewerbe (Industrie und Handwerk) wird
in der zitierten Prognose sowohl ein absoluter wie relativer
Rückgang der Erwerbstätigen prognostiziert.
Sicherlich wird der Trend zur Verkürzung der Produktlebenszyklen
anhalten. Südtirols Industrie wird in eine Schere kommen, die
einerseits von den Hochtechnologie-Ländern immer mehr Konkurrenz
auf diesem Sektor erwarten lässt und andererseits von den
Entwicklungsländern und ehemals sozialistischen Ländern eine
Konkurrenz der Massenprodukte. Die Förderung von
Hochtechnologie-Projekten wird von praktisch jedem Land versucht.
Selbst wenn in Südtirol mit einer effizienten
Hochtechnolgie-Förderung begonnen würde, können sich die
Ergebnisse nicht rasch auswirken.
Eventuell hätte Südtirol durch die Verfügbarkeit von
Wasserkraft bei einer strikten Politik zur Eindämmung des CO2-Ausstosses
Aussichten auf Standortvorteile energieintensiver Industrien.
Dabei bleibt offen, ob nicht Verfahren zur Verringerung des CO2
Ausstosses gefunden werden und ob Italien diese
Eindämmungspolitik überhaupt konsequent betreiben wird.
Die Arbeitskräftenachfrage der Industrie wird weiter sinken,
weil die Tendenz zur Automatisierung, der Verlagerung von
arbeitsintensiven industriellen Produktionen in
Billiglohn-Länder und die "Tertiärisierung", die
Auslagerung von Funktionen in den Dienstleistungs-Sektor,
anhalten wird.
Da der Aufbau von zukunftsorientierten Industrien längere Zeit
benötigt und in Südtirol eher unwahrscheinlich ist (mit
Ausnahme vielleicht von zukunftsorientierten Kleinindustrien oder
hochtechnologisierten Handwerksbetrieben), könnte sich die
Tendenz der "pessimistischen" Prognosen bis zum Jahr
2000 als richtig erweisen. Massnahmen der Südtiroler
Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, die diese Tendenz
längerfristig ändern könnten, wären die bereits erwähnten
Verbesserungen der Südtiroler Standortqualität, wie Abbau von
Regulierungen und Verbesserung der Ausbildung, aber auch
Massnahmen der italienischen Budget- und Währungspolitik und die
erwähnten Flexibilisierungen der Arbeitsmarktpolitik.
c) Bauwirtschaft
Für die Bauwirtschaft wird eine leicht rückläufige absolute
und relative Erwerbstätigkeit prognostiziert.
Wie bereits erwähnt, wird die Investitionstätigkeit in Italien
vor allem durch die zukünftige Budgetsanierungspolitik bestimmt
werden. Wenn es gelingt, die notwendigen Einsparungen bei den
konsumtiven Ausgaben und weniger bei den Investitionen
vorzunehmen, dann könnte sich für die Investitionstätigkeit
der Privatwirtschaft ein neuer Anreiz ergeben. Denn dann würde
die Finanzierung des Budgetdefizits weniger Ersparnisse in
Anspruch nehmen, sodaß diese Ersparnisse (auch durch die dann
eintretenden Zinssenkungen) dann in der Privatwirtschaft
investiert werden könnten.
Ein Unsicherheitsfaktor ist das Projekt des Ausbaus der Achse
München-Verona mit dem Brennerbasis-Tunnel. Bisher ist noch
nicht klar, ob und wann mit dem Bau begonnen wird. Die Grösse
dieses Bauprojektes lässt aber schon im Vorbereitungsstadium
grössere Beschäftigungswirkungen erwarten.
Ein Teil der Bautätigkeit ist durch die im Land tätigen
Wirtschaftszweige und ihre Entwicklung bestimmt, wie z.B. dem
Tourismus oder der Industrie, kann also nicht autonom geschätzt
werden. Da bei beiden Bereichen aber eher mit einer Abschwächung
gerechnet wird, könnte sich die Prognose im Wirtschaftsbau als
zu optimistisch herausstellen.
Im Bereich Bauwirtschaft spielt auch die Zuwanderung von
Provinzfremden eine nicht unwesentliche Rolle. Diese Zuwanderung
könnte durch eine Flexibilisierung des Bausektors eingedämmt
werden, indem eine verstärkte Zusammenarbeit der hiesigen
Unternehmen angestrebt wird. Als wirkungsvolles Instrument dafür
wäre die Leiharbeit im Bereich Bauwirtschaft vorzusehen und zu
fördern, denn nicht so sehr die Anzahl der Beschäftigten ist
das Problem, sondern vielfach ihre richtige Verteilung: Es fehlen
oft die richtigen Leute am richtigen Ort.
Die Baufirmen haben in letzter Zeit zunehmend auch typische
Handelsaktivitäten übernommen, so z.B. Maklertätigkeiten.
Sollten sich verstärkt Absatzschwierigkeiten auf diesem Gebiet
einstellen, so wie in einigen Regionen bereits feststellbar,
werden diese Baufirmen mit zusätzlichen Schwierigkeiten zu
kämpfen haben.
d) Gewerbe/Handwerk
Für diesen Sektor wird in der Prognose keine eigene Kategorie
ausgewiesen, sondern nur zusammen mit der Industrie angegeben.
Auch in diesem Zweig ist der Strukturwandel rascher geworden. Es
entstehen neue Bereiche, besonders im Dienstleistungs-Gewerbe und
traditionelle Gewerbe nehmen ab oder ändern sich. Die
Beschäftigungsaussichten hängen hier, ähnlich wie bei der
Industrie, von den wirtschaftspolitischen Massnahmen und von der
Fähigkeit der in diesem Bereich Tätigen ab, sich rasch auf neue
Entwicklungen einzustellen.
e) Land- und Forstwirtschaft
Die Prognose nimmt, etwas überraschend, einen leicht steigenden
absoluten Stand der Erwerbstätigkeit und einen stagnierenden
Anteil an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen (und auch der
Erwerbspersonen) an. Diese Tendenz würde dem allgemein zu
beobachtenden Trend des Rückganges des primären Sektors
widersprechen.
Dabei ist der Beschäftigungsstand dieses Sektors in Südtirol im
Vergleich zu Nordtirol noch relativ groß, sodaß seine
voraussichtliche Entwicklung noch von einer grösseren Bedeutung
für den Arbeitsmarkt ist. Da die Erwerbstätigkeit in diesem
Bereich bisher absolut und relativ leicht zurückgegangen ist,
ist nicht klar ersichtlich, warum die Prognose, die auf einer
Trendfortschreibung beruht, zu diesem Ergebnis kommt. Es dürfte
doch mit einem weiteren Anhalten dieser Tendenz zu rechnen sein,
sodaß damit auch das Angebot an Erwerbstätigen in anderen
Sektoren grösser wird.
Auch hier wird die Entwicklung nicht autonom prognostiziert
werden können, weil sie vom Tourismus mitbestimmt wird. Ein
möglicher Rückgang des Sommertourismus, wie oben
prognostiziert, würde auch die Beschäftigung in der
Landwirtschaft beeinträchtigen, die häufig mit einer
Nebenbeschäftigung im Tourismus verbunden ist.
In der Landwirtschaft ist allerdings der Anteil der Frauen und
der Alten relativ hoch, die wenig mobil sind, sodaß selbst bei
einer weiteren Abnahme der land- und forstwirtschaftlichen
Produktion eher mit sinkender Produktivität und
"versteckter" Arbeitslosigkeit in diesem Bereich zu
rechnen ist, als mit zusätzlichem Arbeitskräfteangebot.
Die zukünftige Entwicklung wird stark von den noch nicht voll zu
übersehenden Auswirkungen der neuen GATT-Regelung bestimmt
werden. Der Preisfall der Agrarprodukte kann durch
Transferzahlungen ausgeglichen werden, wobei insbesondere für
ökologische Leistungen bezahlt werden kann. Wieweit diese
Leistungen in Italien bzw. Südtirol das volle zulässige Ausmass
der in der "green box" des GATT festgelegten Werte
erreichen werden ist ein noch nicht abzuschätzender wichtiger
Faktor für die Beschäftigung bzw. Einkommenserzielung in der
Landwirtschaft. Sollten tatsächlich die Transferzahlungen für
die Erhaltung der alpinen Landschaft in grösserem Ausmass
anstelle der Produktionssubventionen treten, so wäre u.U. in der
Landwirtschaft eine "Beschäftigung", oder besser eine
Einkommenserzielung möglich, die bei rückläufiger Produktion
erfolgt und ähnlich wie Frühpensionen eine Art versteckte
Arbeitslosigkeit möglich macht. Für das Ausbildungssystem
ergibt sich daraus die Schlußfolgerung, daß auf dem Gebiet der
landwirtschaftlichen Produktion vollkommen von der bisher
vorherrschenden Ausbildung für eine intensive
"effiziente" Produktion grösserer Mengen und
Qualitäten mit hohem Einsatz an Produktionsmitteln abgegangen
werden muß, weil sich die Preisrelationen so geändert haben,
daß heute eine geringere, aber den Transferkriterien angepasste
Produktion die effizientere ist.
f) Handel
Die Prognose der Erwerbstätigkeit im Handel wird zusammen mit
den gesamten Dienstleistungen (ausser Gastgewerbe) ausgewiesen
und zeigt eine stark steigende absolute Zahl von Erwerbstätigen,
die auch relativ an Gewicht gewinnen.
Für den eigentlichen Sektor Handel, vor allem für den
Einzelhandel, dürfte diese Prognose nicht zutreffen. Die neuen
Handelsformen, die sich in Südtirol erst langsam durchsetzen,
benötigen im allgemeinen weniger Arbeitskräfte, zudem ist auch
ein bestimmter Sättigungsgrad bei vielen Produkten erreicht. Ein
wichtiger Faktor für die Entwicklung im Handel ist auch - wie
bereits erwähnt - der Tourismus. Wenn die Prognose einer
Abschwächung des Tourismus richtig ist, wird sich dies auch bei
der Beschäftigung im Handel bemerkbar machen. In der
Trendfortschreibung der Entwicklung des Handels sind aber noch
die vergangenen Tourismussteigerungsraten enthalten.
g) Öffentlicher Dienst
Durch das Budgetsanierungsproblem sind wohl keine so starken
Zuwächse wie in der Vergangenheit zu erwarten. Es kann
angenommen werden, daß sich auch in Südtirol die Tendenz zur
Privatisierung öffentlicher Leistungen durchsetzen wird, nur
hochwertige Dienste werden weiterhin Aufgabe der öffentlichen
Hand bleiben. Viele Dienste werden in Zukunft auch in Südtirol
privatisiert werden müssen; so wird ein nicht unwesentlicher
Teil von Beschäftigten an die Privatwirtschaft zurückgegeben.
Dazu kommt die Deregulierung, die viele öffentliche Aufgaben
wegfallen lässt. Ausserdem wird vermehrt durch Einsatz von
Computern und Rationalisierungsmassnahmen der Personalbedarf
abnehmen, besonders in den tieferen Ebenen. Die schon in anderen
Ländern zu beobachtende Tendenz zur Eindämmung von
Pragmatisierungen, um auch im öffentlichen Dienst flexibler auf
neue Anforderungen reagieren zu können, wird sich in Südtirol
arbeitskräftesparend auswirken. Dazu wird die Hinausschiebung
des Pensionsalters geringere Neu-Eintritte erfordern.
Durch das geringere Bevölkerungswachstum wird sich in den
Bereichen des öffentlichen Dienstes, die Leistungen für die
junge Bevölkerung erbringen, ein verringerter Bedarf ergeben. Am
deutlichsten ist dies bei den Lehrer/innen der Volks- und
Mittelschulen erkennen, wo der rückläufige Trend bisher noch
durch die Erhöhung der Lehrerzahl pro Schüler aufgehalten
wurde.
Am langsamsten werden sich diese Tendenzen wohl im Gesundheits-
und höheren Bildungsbereich durchsetzen, sodaß hier noch mit
einer Ausweitung der Beschäftigung gerechnet werden könnte.
(Die Beschäftigung im Sozial- und Pflegedienst könnte u.U. auch
durch das neue Regierungsprogramm, das Arbeitslosen sozial
nützliche Arbeitsplätze anbieten soll, ausgeweitet werden.)
Wieweit Änderungen im Aufgabenbereich der öffentlichen
Verwaltung in Südtirol eintreten werden, lässt sich schwer
abschätzen. Die Übernahme weiterer Staatsaufgaben durch das
Land Südtirol dürfte kaum zusätzliches Personal erfordern,
weil im allgemeinen diese Tätigkeiten schon jetzt durch
Staatsbeschäftigte in Südtirol verrichtet werden. Zusätzliches
Personal ist im allgemeinen nicht notwendig, durch eine
Rationalisierung durch die Landesverwaltung liessen sich
wahrscheinlich eher Stellen einsparen. Ob es auf der anderen
Seite zum weiteren Abzug von Staatsstellen von Bozen nach Trient
kommt, kann ebenfalls nicht vorhergesehen werden.
h) Banken, Versicherungen
Dieser in Italien bisher expansive Bereich wird in Zukunft nur
schwächere Wachstumsraten erreichen können. In vielen
europäischen Ländern sind die Banken "under stress"
(so der Titel einer OECD-Studie). Italien hinkt diesem Prozess
noch nach, denn durch die Abschwächung der Inflation, den
Nachholbedarf an höherwertigen Anlageformen (wie Anleihen,
Aktien) und die Internationalisierung wird noch eine Ausweitung
an qualifiziertem Personal, insbesondere in der Anlageberatung,
möglich sein. Im eigentlichen Bankbereich, vor allem im
Zahlungsverkehr wird es dagegen durch die grossen
Rationalisierungen, wie Bankomat, Tele-Banking, Kredit- und
Chipkarten, zu einer Schliessung von Filialen und einer
Stagnation - wenn nicht Rückgang - der Beschäftigung kommen.
Auch die Marktöffnung, die nun im Rahmen der
Dienstleistungsfreiheit die Inanspruchnahme ausländischer Banken
und Versicherungen möglich macht, wird die Wettbewerbsposition
der Südtiroler Unternehmen auf diesem Gebiet beeinträchtigen
können, wenn es nicht gelingt, das Angebot besser zu
qualifizieren und die grössere Nähe zum Kunden auszunützen.
Das gilt vor allem für den Bereich der
Vermögensanlagunge-Beratung, wo durch den steigenden Wohlstand
bei der "Generation der Erben" ein Bedarf besteht.
Falls die EU-Währungsunion wirklich im Jahr 2000 in Kraft treten
würde - was für Italien sehr unwahrscheinlich ist - würden
sich die Erträge und der Personalbedarf der Banken verringern,
weil dann das gesamte Devisen- und Valuten-Wechselgeschäft
entfällt und mit grossen Umstellungskosten zu rechnen ist.
i) Andere Dienstleistungen:
Hier ergibt sich voraussichtlich eine weiter wachsende
Arbeitskräfte-Nachfrage in vielen einzelnen Bereichen:
- Der Gesundheits- und Pflegebereich wächst: z.T. durch die
Alterung der Bevölkerung, z.T. durch die in diesem Bereich
geringen Produktivitätssteigerungs-Möglichkeiten.
Rationalisierungsmöglichkeiten bestehen allerdings im
öffentlichen Bereich, der vielfach ineffizient arbeitet. Durch
Anwendung privatwirtschaftlicher Management- und
Kostenrechnungs-Methoden und durch Privatisierung einzelner
Bereiche könnten in Zukunft insgesamt Personaleinsparungen
erzielt werden, die aber den insgesamt stark wachsenden Trend nur
abschwächen werden. Für diese Rationalisierungen ist ein Bedarf
an qualifizierten Wirtschaftsfachleuten im Entstehen, der durch
den neuen Fachhochschul-Lehrgang abgedeckt werden könnte.
- In mehreren Gebieten ist ein Abbau der staatlichen Monopole und
damit ein Aufbau privater Dienstleistungsunternehmen zu erwarten:
im Telekommunikationsbereich, Transport (Fluglinien, Bahnbetrieb
etc.). Hier entstehen neue Chancen für Beschäftigungen, die nur
teilweise auf Kosten der früher im öffentlichen Dienst
vorhandenen Stellen gehen.
- Eine vermehrte Nachfrage nach Arbeitskräften könnte auch
durch die Deregulierung vieler Dienstleistungsberufe bis zu den
freien Berufen hervorgerufen werden. Bei einzelnen dieser Berufe
sind Hemmnisse für einen freien Markt aufgebaut worden, die zu
monopolartigen Stellungen führen. Dadurch werden Neu-Anfänger
abgehalten oder zu teuren Umwegen gezwungen (z.B.
Konzessionspflicht bei Apotheken usw., Bedingungen für die
Eintragung in die Berufsalben etc.).
- "Tertiärisierung" der Industrie und
Gewerbes/Handwerks (Sekundärsektor) aber auch des Primärsektors
(insb. Landwirtschaft). Immer mehr Funktionen eines
Industrie-Unternehmens werden ausgelagert - im Sinne der
"lean production". Das gilt für Tätigkeiten wie
Marktforschung, Steuerberatung, Wirtschaftsberatung,
Verwaltungsdienste, Finanzierung, EDV, public relations,
technische Dienste, bis hin zu einzelnen Funktionen oder sogar
des gesamten Marketings und einzelnen Teilen der
Unternehmensführungsaufgaben. Grund für diese Ausgliederung
sind die Vorteile der Arbeitsteilung, die eine grössere
Effizienz und raschere Anpassung des "core business"
ermöglicht. Die Wettbewerbsfähigkeit mancher Branchen hängt
sehr stark von der Effizienz dieser Dienstleistungen ab. Hier
kann durch die Höherqualifizierung dieser vor- und
nachgelagerten Branchen auch noch eine Arbeitskräftenachfrage
entstehen, wobei es aber durch die Dienstleistungsfreiheit in der
EU auch vermehrt zu grenzüberschreitenden Leistungen, vor allem
aus dem deutschsprachigen Raum kommen kann, wo sich durch den
grösseren Markt schon seit längerer Zeit grosse, spezialisierte
Unternehmen gebildet haben.
- Dieser "Tertiärisierungsprozess" ist auch im
tertiären Sektor selbst festzustellen: am deutlichsten im
Tourismus. Im Bereich der Unternehmensführung gewinnt hier die
Beratung und die Weiterbildung immer grösseren Einfluss, weil
von der Herkunft der Unternehmensführer/innen häufig der sog.
management gap der ersten Generation vorhanden ist, der heute
angesichts des härteren Wettbewerbs sichtbar wird. Dazu fehlt es
der nächsten Generation auch häufig an unternehmerischen
Fähigkeiten, d.h. dem rechtzeitigen Erkennen neuer Entwicklungen
und dem Reagieren, z.B. durch das Aufspüren von Marktlücken.
Dazu kommt im Tourismus die Notwendigkeit, zwischen den kleinen
und mittleren Betrieben eines Ortes zu kooperieren, weil das
Marketing des Ortes nicht von einzelnen Betrieben übernommen
werden kann (free-rider-Problem). Daher sind Tourismus-Verbände
notwendig, die professionell geführt werden müssen. Weitere
aussichtsreichere Spezial-Berufe sind z.B. Ortsplaner,
Umwelt-Analysten, Veranstaltungs-Manager usw.
- Ein zu wenig beachteter Bereich sind die häuslichen privaten
Dienstleistungen. Durch die Alterung der Bevölkerung, den
grösseren Wohlstand, grösseren Wohnraum, grössere Zahl
berufstätiger Frauen usw. ist hier ein Bedarf entstanden, der
nur zum Teil durch verstärktes "do-it-yourself" oder
den "informellen" Sektor abgedeckt wird, weil die
Besteuerung der Arbeitsleistung eines offiziell Beschäftigten zu
hoch ist. Zum Teil bleibt dieser Bedarf auch ungedeckt, weil es
eine Reihe von Hürden für eine offizielle Beschäftigung gibt.
Hier könnte durch neue Modelle, ähnlich wie z.B. das neue
Regierungsprogramm für Arbeitslose auch im privaten Bereich,
oder steuerliche Entlastungen wie in Luxemburg, Frankreich,
Belgien oder Dänemark ein neuer Bedarf an Arbeitskräften
entstehen.
Dabei handelt es sich um handwerkliche Tätigkeiten (Reparatur,
Verschönerung, Gartenpflege usw.), Pflegetätigkeit,
Sozialhelfer/innen, bis zu "Lebensberatern".
Neue Arbeitsplätze werden sich in Europa vor allem aber in den
Bereichen der internationalen Steuer- und Rechtsberatung
formieren. Dabei hat Südtirol durchaus alle Vorraussetzungen.
Insgesamt erscheint die Prognose für den Dienstleistungssektor
mit einer steigenden absoluten und relativen Steigerung der
Beschäftigung durchaus gerechtfertigt.
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