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Klimabedingte Naturgefahren: Projekt zur Optimierung des Managements

Naturgefahren wie Überschwemmungen, Murgänge oder Lawinen und ihre Zunahme durch den Klimawandel: Damit hat sich das auf zwei Jahre angelegte Interreg-Projekt "ClimOpt" der Landesabteilung Brand- und Zivilschutz und des Amtes für Wald des Schweizer Kantons Graubünden befasst, das jetzt abgeschlossen wurde.

Georadar-Eisdickenmessung am Matscherferner (Foto LPA)

"Besonders in den Alpen", unterstreicht der Direktor der Landesabteilung Brand- und Zivilschutz Rudolf Pollinger, "ist durch den Klimawandel mit einer Zunahme von Überschwemmungen, Murgängen, Steinschlägen oder Lawinen zu rechnen. Deshalb werden künftig ein vorbeugendes Risikomanagement und Frühwarnsysteme noch wichtiger sein als heute."

Betreut wurde das EU-Projekt auf Südtiroler Seite von Roberto Dinale vom Hydrographischen Landesamt. "Nicht nur die Intensitäten der Niederschlagsereignisse können in Zukunft zunehmen, sondern auch ein bisher unbeobachtetes Zusammenwirken mehrerer Faktoren kann zu einer Verschärfung der Hochwassergefahr führen", erklärt der stellvertretende Amtsdirektor Dinale. So habe etwa intensiver Regen mit Schneefallgrenze auf 3500 Metern Höhe im regenreichen August vergangenen Jahres bereits innerhalb von zwölf Stunden Hochwasseralarm ausgelöst. Um auf solche Situationen gezielter reagieren zu können, wurde das bereits in Südtirol angewandte Modell zur Hochwasservorhersage ausgebaut, in dem der hydrologische Zustand der einzelnen Einzugsgebiete in einer eigenen Karte in den Farben Gelb, Grün und Rot dargestellt wird.  Dieses Ampelsystem soll bereits ab Mai dieses Jahres vom Hydrologischen Landesamt für eine verbesserte Hochwasserprognose angewendet werden.

Die wichtigste Grundlage für die Erkennung der Geländebereiche, die im Zuge des Klimawandels von häufigeren oder intensiveren Hochwasserereignissen betroffen sein werden, ist neben der klimatischen Entwicklung das Wissen über die räumliche Verteilung der Wasserspeicherfähigkeit und Infiltrationsfähigkeit der Böden. Diese Kenntnis ist die Voraussetzung, um die Gebiete zu erkennen, die sensitiv auf eine Erhöhung der Niederschlagsintensität reagieren. Im Rahmen des Projektes "ClimOpt" wurde dieser Ansatz für Teileinzugsgebiete des Vinschgaus, des Ratschingser Tals und des Jaufentals mit Erfolg getestet. "Wenn wir wissen, wie der Boden in verschiedenen Gebieten Südtirols aufgebaut ist, können wir abschätzen, wie viel Wasser darin zurückgehalten werden kann," legt Roberto Dinale dar. Ist ein Boden sehr aufnahmefähig und nicht durch lang anhaltenden Regen bereits gesättigt, sind Bäche und Flüsse weniger belastet, die Hochwassergefahr bleibt eher gering.

Miteinbezogen in dieses EU-Projekt wurden auch die großen Wasserkraftanlagen in Südtirol: Informationen über Wasserstand, Wasservolumen und noch verbleibendes Fassungsvermögen der großen Wasserreservoirs sowie abgelassene und abgearbeitete Wassermengen sollen künftig direkt ins System zur Hochwasserprognose eingespeist werden. "Somit", weist Abteilungsdirektor Pollinger hin "können wir uns laufend einen Überblick darüber schaffen, wieviel Wasser wo zurückgehalten werden kann, und im Hochwasserfall Entscheidungen treffen, um darunterliegende Gebiete zu schützen".

Ein weiterer Schwerpunkt von "ClimOpt" war die Erhebung von möglichen Ausbrüchen von Gletscherseen. Das Zurückschmelzen der Gletscher führt zu einer Ansammlung von Schmelzwasser in Hohlräumen unterhalb des Gletschers oder in Seen im Gletschervorfeld. Durch den Druck, der sich aufbaut, kann der Damm des Gletschersees brechen. Murabgänge oder Hochwasserwellen sind die Folge. Das kann für Personen auf Wanderwegen im Gebirge sehr gefährlich sein, vor allem, weil solche Ausbrüche meist bei schönstem Wetter auftreten. Im Jahr 2005 sind im Ridnauntal auf 2505 Meter Höhe rund eine Million Kubikmeter Wasser durch den Ausbruch eines Gletschervorfeldsees zu Tale geströmt. Im Pfossental ereignete sich im selben Jahr ein Ausbruch einer interglazialen Wasseransammlung, der einen Murgang verursachte und den Hauptzugang in das hintere Tal verschüttete.

Initiiert wurde das EU-Projekt "ClimOpt - Optimierung des Managements klimabedingter Naturgefahren" vom damaligen Direktor der Landesabteilung Brand- und Zivilschutz Hanspeter Staffler gemeinsam mit dem Bereichsleiter des Amtes für Wald und Naturgefahren des Kantons Graubünden Christian Wilhelm. Die Gesamtkosten für das Projekt lagen bei rund 380.000 Euro; davon standen allein 290.000 Euro für Südtirol zur Verfügung.

LPA

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