Wo ist Heimat? – TV-Filme zum Thema Integration

Bei einer Pressekonferenz wurde am 27. April die Koproduktion von RAI Südtirol und ORF vorgestellt: Die Filme zeigen Menschen, für die Südtirol zur neuen Heimat wurde.

v.l.n.r. Siegfried Giuliani, Markus Perwanger, Landesrat Philipp Achammer, Ressortdirektorin Vera Nicoloussi-Leck, Markus Frings und Christine Helfer. Foto: LPA/Ingo Dejaco

"Wo ist Heimat?", eine TV-Produktion von RAI Südtirol, die auch der ORF unterstützt, zeigt Lebensgeschichten und Familiengeschichten von Menschen aus fremden Ländern, die in Südtirol oder Tirol nicht nur ein Zuhause, sondern eine neue Heimat gefunden haben. Finanziert und inhaltlich betreut wurde die Koproduktion von der Koordinierungsstelle für Integration (KOI) des Landes.

Landesrat Philipp Achammer, Ressortdirektorin Vera Nicolussi-Leck, Filmemacher Markus Frings, die Autorin der Integrationsfilme Christine Helfer, RAI-Koordinator Markus Perwanger und der Chefredakteur der ORF-Sendung "Südtirol heute" Siegfried Giuliani haben das Filmprojekt heute (27. April) im Filmclub in Bozen vorgestellt. Anwesend waren aber auch einige der insgesamt 30 Mitwirkenden.

"Wo man sich wohlfühlt, da ist Heimat", zitierte Landesrat Achammer bei der Begrüßung den römischen Gelehrten Cicero und wies darauf hin, dass es wichtig ist, Beispiele für gelingende Integration zu zeigen, um Verallgemeinerungen zu entgegnen. "Auch unsere Geschichte ist eine Geschichte von Aus- und Einwanderung", merkte der Landesrat an. Er wies bei dieser Gelegenheit auch darauf hin, dass demnächst die Integrationsvereinbarung vorgestellt werden soll, die in den letzten Monaten ausgearbeitet wurde, denn – so der Landesrat – jede Form des Zusammenlebens brauche Regeln.

Für Ressortdirektorin Vera Nicolussi-Leck war der Brückenschlag nach Tirol besonders wichtig. So werde in den Filmen deutlich, dass die Menschen überall mit denselben Problemen und Herausforderungen konfrontiert sind.

Das Thema der Heimat – auch aus der Sicht von Menschen, die nicht hier aufgewachsen sind – spielt laut Koordinator Markus Perwanger für RAI Südtirol eine zentrale Rolle. Integration bedeute, Teil eines Ganzen zu werden, sagte Perwanger, "und dazu braucht es immer zwei: Einen der die Tür aufhält und einen, der durch die Tür herein geht." ORF-Chefredakteur Siegfried Giuliani sprach schließlich von einem "vernünftigen Filmprojekt", denn die Menschenwürde und Menschlichkeit hoch zu halten sei Aufgabe des öffentlichen Rundfunks.

Die beiden jeweils halbstündigen Filme zeigen, dass es möglich ist, in einem fremden Land Fuß zu fassen und heimisch zu werden, obwohl man die Sprache erst lernen muss, die Gebräuche und Traditionen noch nicht kennt und das Verhalten der Menschen Rätsel aufgibt.

Zu sehen sein werden die Filme demnächst in voller Länge auf RAI Südtirol. Der ORF wird einige Ausschnitte davon für seine Sendungen verwenden und als Beiträge etwa in "Tirol heute" ausstrahlen.

 

Lebensgeschichten

Im ersten Film – den "Lebensgeschichten" – werden Personen gezeigt, die die Filmemacher vor allem an ihrem Arbeitsplatz besucht haben. So erhielten sie einen Einblick, wie diese Menschen ihre eigene Existenz und die ihrer Familien sichern und sich in die Gesellschaft vor Ort integrieren.

Dabei entstehen oft auch Wechselwirkungen: Wenn etwa die Irin Tanya Cregan ihren Irish Pub so betreibt, dass sich dort Menschen aller Sprachen wohl fühlen, dann ist das eine bewusste Entscheidung, Nationalismen außen vor zu lassen. Zu sehen ist aber auch der Kosovo-Albaner Rifat Bajrami, der als Ausfahrer einer Bäckerei jeden Tag um 4 Uhr früh startet, um mit dem besser bezahlten Nachtarbeitsjob seinen drei Kindern eine Universitätsausbildung zu finanzieren.

Der Film zeigt außerdem eine Südtiroler Optantin, die 91-jährige Anna Gius, die von ihren Erlebnissen als junges Mädchen in Graz und Slowenien berichtet, um einen Bogen zwischen Auswandererschicksalen zu knüpfen. Ihr alteingesessenes Häuschen steht unweit von Rifat Bajramis Kondominiumswohnung in der Bozner Kaiserau.

Das sind nur einige der Verknüpfungen im Film.

 

Familiengeschichten

Der zweite Film "Familiengeschichten" handelt von Beziehungen, die wertvoll sind, um Menschen aus anderen Ländern hier das Leben leichter zu machen.

Da ist die 20-jährige Fazilah Khoja aus Afghanistan, die über die klassische Schlepperroute mit ihrer Mutter schließlich in Südtirol landete und ihre Schulbildung in wenigen Jahren aufholen konnte, auch weil sie in der ehemaligen Schuldirektorin Roswitha Dander eine aufmerksame und herzliche Mentorin fand.

Die Beziehung zwischen Paaren schildert die Autorin am Beispiel von Anna und Gabriel, die jungverheiratet und mittlerweile mit zwei kleinen Söhnen in Feldthurns leben; Renate und Monti, die in Neumarkt zwischen Vereinsleben, Arbeitsleben und beinahe erwachsenen Kindern auch noch Zeit für ihre Wattrunden finden; Michael und Malini, die in Axams bei Innsbruck eine gemeinsame Ayurveda-Praxis betreiben und auch sonst ihre Liebe zu Indien teilen. Ein weiteres Beispiel ist die Gruppe UAO in Lana, wo sich binationale Paare und Familien regelmäßig treffen, um miteinander zu essen, zu ratschen und zu diskutieren.

Der Film beleuchtet ebenso die Arbeit der Kulturmediatorin Beatrice Tedeschi: Auch sie muss Beziehung herstellen zwischen Schülern aus anderen Ländern (in diesem Fall zwei pakistanischen 15-Jährigen in der Wirtschaftsfachoberschule in Auer), ihren Eltern, den Lehrpersonen, der Behörde – hier geht es weniger um Sprachverständnis, sondern darum, Kultureigenheiten zu vermitteln.

me

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